Der Werkhof eignet sich ideal als Bühne für «Die Weber». Oben steht die Direktorin. Unten erhalten die armen Weber ihren Hungerlohn. Bilder: Roger Harrison
Der Werkhof eignet sich ideal als Bühne für «Die Weber». Oben steht die Direktorin. Unten erhalten die armen Weber ihren Hungerlohn. Bilder: Roger Harrison

Bühne

Eindringliches Theatererlebnis

Wer «Die Weber» der Theaterleute Küssnacht im Werkhof mitverfolgt, steht mittendrin und nicht nur dabei.

Dort, wo man sonst Altglas entsorgt, wird seit gestern Abend mitten unter dem Publikum Theater gespielt. Funktioniert das? Gibt der Werkhof eine passende Kulisse für Gerhart Hauptmanns «Die Weber» ab? Und ob. Es ist geradezu der ideale Spielort für den Klassiker, den die Co-Regisseure Christof Bühler und Sandro Griesser in die Räumlichkeiten des Werkhofs gesetzt haben und das derart raffiniert, dass das Publikum, unterteilt in Gruppen, der Geschichte auf verschiedenen Pfaden folgen kann.


Soziales Gefälle zwischen Webern und Fabrikantin


Zum Auftakt stimmt der Musiker Michael Nejedly mit Mani Matters «Dene wos guet geit» auf die Thematik ein. In der Halle braucht es unter den wenigen Scheinwerfern nur ein paar Paletten, Holzkisten, Tisch und Stühle, um die Fabrikstimmung zu erzeugen und das soziale Gefälle zwischen Webern und der Fabrikantin aufzuzeigen. Richtiggehend beklemmend wird es, wenn die Arbeiter Heinrich Heines Gedicht «Wir weben, wir weben» gemeinsam und eindringlich rezitieren. Da steht man mitten unter ihnen, zurückversetzt in die industrielle Revolution. Das Publikum wird durch den Werkhof geleitet, von einem Spielort zum nächsten. Zur Frau Fabrikantin, die auch ihre Nöte hat, weil es gilt, Arbeit zu beschaffen, zu den armen Webern am leeren Esstisch, über das Fabrikgelände und in die Beiz, wo die Weber saufen, singen und den Aufstand in Angriff nehmen. Man wird im Publikum etwas verlegen, wenn der Arbeiter, die nichts zu Beissen hat, einen direkt anbettelt, einem auf die Schulter greift oder eine Art Waffe in die Hand gibt, weil man nun auch zu ihnen und zur Szenerie dieses Dramas gehört. Dann steht man da als revolutionierender Weber im Scheinwerferlicht und staunt über das Können dieser Laienspielerinnen und -Spieler, die nie aus der Rolle fallen, auch wenn sie mitten, zwischen und neben den Besucherinnen und Besuchern agieren. «Die Weber» ist ein Theatererlebnis an einem überraschenden Ort, mit farblich perfekt gewählten Kostümen, mit Musik und Gesang, die nicht aufgesetzt wirken, sondern perfekt passen.


Bote der Urschweiz / Silvia Camenzind

Autor

Bote der Urschweiz

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Kategorie

  • Bühne

Publiziert am

06.09.2019

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