Ein Mann der Tat. Aber ebenso ein Mann des Wortes: Richard Schönbächler war früher als Unternehmer ebenso engagiert wie in späteren Jahren als Autor. Bild Archiv EA
Ein Mann der Tat. Aber ebenso ein Mann des Wortes: Richard Schönbächler war früher als Unternehmer ebenso engagiert wie in späteren Jahren als Autor. Bild Archiv EA

Literatur

Mit wachen Sinnen durchs Leben

Mit wachen Sinnen durchs Leben Richard Schönbächlers Buch «Ein Leben im Rückblick» ist viel mehr als nur eine Erinnerung an 88 Lebensjahre. So persönlich wie Richard Schönbächler seine Erinnerungen auch niederschrieb, weisen sie doch über ein einzelnes Leben hinaus. Seine Erlebnisse wirken teilweise bis heute nach.

88 Jahre waren Richard Schönbächler gegönnt, ehe sich am 11. August dieses Jahres sein Lebenskreis schloss. Und es muss ein reichhaltiges, intensiv erlebtes Leben gewesen sein. Zu dieser Erkenntnis kommt man bei der Lektüre seines Buches «Ein Leben im Rückblick», das Richard Schönbächler kurz vor seinem Tod zu Ende schrieb.

Vom Erzähler zum Schreiber


Auch Franz Kälin-Kälin senior, mit Jahrgang 1934 nur ein Jahr jünger als der Autor, blieb das Erzähltalent von Richard Schönbächler nicht verborgen. Und so ermunterte er seinen langjährigen Freund, die Erinnerungen niederzuschreiben. «Herrliche Geschichten, welche eine Jugendzeit dokumentieren, welche aus heutiger Zeit nicht mehr nachvollziehbar ist», hält Franz Kälin im Vorwort des Buches treffend fest. Die Erinnerungen Schönbächlers reichen aber über dessen Jugendzeit hinaus bis fast in die Gegenwart hinein. Sie umfassen auch jene 36 Jahre, in denen er Bezirks- und Kantonsrat sowie Kantonsrichter war. Schönbächlers noch immer aktuelle Idee, den Friherrenberg touristisch zu erschliessen, fehlt ebenso wenig wie sein Faible für die Geschichte. Dieses Interesse schlägt sich unter anderem in verschiedenen Dokumentarfilmen nieder – so zum Beispiel im «Turpäland», «Das verborgene Dorf» oder dem abendfüllenden Werk «Tönis Brautfahrt». Alles Werke, die weit über Einsiedeln hinaus Anerkennung gefunden haben.

Ausgesuchte Erinnerungen


Die Summe aller Geschichten lässt ein Bild eines Mannes entstehen, der nicht nur vielseitig interessiert war, sondern aus diesem ureigenen Interesse Ideen entwarf und beachtlich viele letztlich auch realisierte. Und es zeigt ein Bild eines Menschen, der sein Leben mit wachen Sinnen zu begreifen versuchte. 200 eng beschriebene und passend bebilderte Seiten sind es letztlich geworden, auf denen Richard Schönbächler ausgesuchte Erinnerungen und Erlebnisse zusammenfasste. Berührend sind dabei insbesondere seine Schilderungen aus der Frühzeit seines Lebens – wie zum Beispiel die Erinnerung an seinen Grossvater: «Er hatte einen schönen weissen Bart. Er kam, wenn es nicht gerade regnete, um 9 Uhr von der Hühnermatt, und die Mutter kochte ihm ein weiches Ei. Er ging schliesslich zum Gaden, um Holz zu spalten. Oder er stellte Mäusefallen auf.» Richard Schönbächlers Jugendjahre vergingen schnell; als 18-Jähriger musste er in die Landwirtschaftliche Schule. Für Ausgang und Vergnügungen «hatte man weder Zeit noch Geld. Höchstens reichte es an Sonn- und Feiertagen für ein Bier im Grütli oder im Falken. So lernte ich kein Mädchen kennen. […] Einmal hörte ich meine Mutter meiner Tante Cäcilia aus Basel sagen, ich würde wohl ledig bleiben und das Pachtheimwesen übernehmen. Da meine Mutter dies in voller Überzeugung sagte, machte mich das nachdenklich, und ich dachte, dass etwas mit mir nicht normal sei. Ich war es ja gewohnt, dass das, was meine Mutter sagte, wahr war wie das Evangelium. […] Nach der Rekrutenschule wieder daheim merkte ich, dass ich normal war wie alle anderen. Dem anderen Geschlecht gegenüber war ich eher schüchtern. Und so bat ich vor der Gnadenkapelle die Muttergottes, sie solle mir eine gute Frau finden. Und das tat sie dann auch.»

Was ein Kampfpanzer mit dem Altersheim Gerbe zu tun hat …


Als langjähriger Bezirksrat kam Richard Schönbächler von Amtes wegen mit vielen Personen in Kontakt. Von einer solchen Begegnung erzählt die Geschichte «Wie der Kampfpanzer Leopard der Deutschen Bundeswehr die Grundursache für das Alters- und Pflegeheim wurde». Hier die Wiedergabe von Schönbächlers Text im Wortlaut.

Der Kampfpanzer und die Gerbe


«Der Waffenkonzern Bührle Oerlikon erhielt von der Deutschen Bundeswehr den Auftrag, Leopardpanzer mit Haubitzkanonen mit doppelrohrigen Flakgeschützen auszurüsten. In der Folge kamen mit der Bahn immer zwei Stück nach Einsiedeln. Man sah zuvor aber, dass die Brücken in Willerzell zu wenig Tragfähigkeit hatten, denn ein Exemplar wog über 60 Tonnen. Der Direktor des Konzerns kam persönlich mit Ingenieur Marty von Lachen und mit mir – damals verantwortlicher Strassen- und Tiefbaupräsident des Bezirks – zu einem Augenschein und zur Aussprache. Seinen Namen weiss ich nicht mehr, er war ein angenehmer und freundlicher Mann. Zur weiteren Besprechung lud er uns ins Hotel Pfauen zum Mittagessen ein. Wir einigten uns, dass die Firma Bührle die Dimmerbachbrücke in Willerzell und die Eubachbrücke in Euthal auf ihre Kosten verstärken lasse, dasselbe aber mit der Rickentalbrücke in Willerzell durch Abbruch und Neubau erfolgen sollte. Diese Brücke war bis dahin nur einspurig befahrbar, und ich machte den Vorschlag, die Brücke auf Kosten des Bezirks auf zwei Fahrspuren zu verbreitern. Das wurde dann vom Bezirksrat genehmigt.

Ein grosses Areal


Während des Gesprächs erzählte der Direktor, dass seine Firma ein grosses Areal in Einsiedeln besitze. Dort wollten sie ein Haus bauen für die Techniker, die täglich mit dem Bus von Zürich in den Ochsenboden hin- und herfahren mussten. Jedoch war das Interesse daran nicht sehr gross. Ich kannte das Gerbe-Areal, das ehemals der Firma Benziger gehörte. Es reichte vom «Vrenelisgärtli » bis hinunter zur Klostermühle. Ich fragte ihn, was die Firma Bührle mit dem eingezonten Land vorhabe. Er erzählte, dass ein Architekt Interesse an diesem Landstück habe und die Firma Bührle wahrscheinlich verkaufe. Ich trug ihm vor, dass der Bezirk Sorge habe um die grossen Vorhaben von Schulbauten, Kindergärten und einem Alters- und Pflegeheim in der Nähe des Dorfes. Er erklärte spontan, dass bei Interesse des Bezirkes am Areal er es vorziehen würde, das Land der Gemeinde und nicht einem Spekulanten zu verkaufen.

Und dann die Stiftung


Diese Aussage freute mich sehr, und ich erklärte ihm, dass es letztlich eine Preisfrage sei, denn das Volk müsse darüber abstimmen. Wir einigten uns auf einen Preis von 50 bis 55 Franken pro Quadratmeter. Ich kann es nicht mehr genau sagen. Nachdem ich dem Bezirksrat beantragt hatte, man sollte diese Gelegenheit nutzen, war dieser auch dafür. Auch die folgende Abstimmung war positiv. Hocherfreut war der nachfolgende Bezirksammann Meinrad Fuchs über das Abstimmungsergebnis, da er schon lange das Projekt für ein Alters- und Pflegeheim im Kopf hatte. Zusammen mit Karl Eberle und Hansjörg Grotzer wurde die «Stiftung Altersheim Gerbe» gegründet. In der Folge stellte die Stiftung das Gesuch um Abtretung des Areals von der Gerbestrasse bis zur Klostermühle im Baurecht. Dem stimmte das Volk ebenfalls zu. Mit Mut und Beharrlichkeit brachten sie das Projekt zur Realisierung. Damit zeigte sich, dass ein kleines Problem, zum Beispiel das Übergewicht eines Panzers, zum guten Gelingen eines grossen Werkes führen kann.»o


Hinweis


Richard Schönbächler: «Ein Leben im Rückblick», 30 Franken. Zu beziehen via info@baustoffe-einsiedeln. ch (055/418’28’40) oder gleich vor Ort bei der BE Baustoffe Einsiedeln AG an der Schnabelsbergstrasse 10 abzuholen


Einsiedler Anzeiger / Victor Kälin

Autor

Einsiedler Anzeiger

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Kategorie

  • Literatur

Publiziert am

17.09.2021

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