Betli Stählin-Tschanz zeigte (v. l.) Generalunternehmer Melk Züger, Marchring-Präsident Adrian Oberlin und Gemeindepräsident Beat Keller erstmals ihr neues Archiv-Stübli mit all den historischen Schätzen aus der Gemeinde Altendorf. Bild Andreas Knobel
Betli Stählin-Tschanz zeigte (v. l.) Generalunternehmer Melk Züger, Marchring-Präsident Adrian Oberlin und Gemeindepräsident Beat Keller erstmals ihr neues Archiv-Stübli mit all den historischen Schätzen aus der Gemeinde Altendorf. Bild Andreas Knobel

Dies & Das

Betli Stählin-Tschanz öffnet erstmals ihr neues Altendörfler Archiv-Stübli

Die 92-jährige Betli Stählin-Tschanz löst ihr Versprechen ein und macht ihr neu eingerichtetes Archiv-Stübli an der Zürcherstrasse in Altendorf der Öffentlichkeit zugänglich, erstmals am kommenden Wochenende.

Betli Stählin-Tschanz ist inzwischen 92 Jahre alt. Und nicht alle hätten darauf gewettet, dass sie ihr Versprechen von damals auch wirklich einlösen wird. Doch nun ist es amtlich: Am Samstag und Sonntag, 1./2. Juni, öffnet zwischen 13.30 und 16.30 Uhr erstmals ihr Archiv-Stübli an der Zürcherstrasse 5 in Altendorf. In Zukunft wird es immer am ersten Wochenende im Monat zugänglich sein, also alternierend mit dem Marchmuseum im Rempen Vorderthal, das jeweils monatlich am zweiten Wochenende geöffnet ist. Doch der Reihe nach, ein Abstecher in die Vergangenheit ist an dieser Stelle vonnöten, um die Zusammenhänge zwischen Betli Stählin-Tschanz und diesem Ort zu verstehen.

 

Eine Liegenschaft mit illustrer Geschichte

Büelbrunn wurde dieser untere Teil der Büelhofwiese mitten in Altendorf genannt, weils so feucht war. 1924 wurden dennoch drei Häuser darauf gebaut, eine Metzgerei, eine Schmitte und eine Schuhmacherei. Ernst Tschanz sei 1939 mit seiner Familie nach Altendorf gezogen, wo er die Schmiede in eine Garage mit Tankstelle umfunktionierte, die bis 1975 bestand, wie seine damals siebenjährige Tochter heute erzählt. Betli Stählin-Tschanz hat all diese Details nicht nur im Kopf, sondern auch niedergeschrieben. Schliesslich war sie schon als junges Mädchen in Latzhosen an dieser Tankstelle tätig. 1975 kam hier anstelle der Garage eine Überbauung zu stehen, ein Fünffamilienhaus mit Ladenlokal und Tankstelle, die Betli und Eugen Stählin-Tschanz verwirklichten. Sie hatte schon immer das Flair für Traditionen und Antiquitäten. Zwischen 1975 und 2008 führte sie deshalb in ihrer Liegenschaft ein Antiquitätengeschäft. Diese Räumlichkeiten wurden dann von 2008 bis 2021 als «Shop 365» genutzt. Sie sei also eigentlich eine «Zugezogene», präzisiert Betli Stähli-Tschanz. Als die reformierte Familie im Jahr 1939 in die streng katholische March gezogen sei, habe die älteste Tochter Betli in der 2. Klasse zum ersten Mal eine Nonne gesehen, erinnert sich Stählin-Tschanz lachend. Trotz Bedenken von Zürcher Freunden seien sie aber gut in Altendorf aufgenommen worden und hätten sich bald heimisch gefühlt, auch wenn mit Zweitem Weltkrieg und Aktivdienst des Vaters bald eine entbehrungsreiche Zeit anbrach.

 

Verkauf und Neubau als richtige Entscheidung

Das alles ist lange her. Der letzte grosse Umbruch in ihrem Leben erfolgte jedoch erst kürzlich, in den Jahren 2021/22 mit dem Verkauf der Liegenschaft an Generalunternehmer Melk Züger. Er integrierte im Neubau nun auch das verbliebene kleine Haus, das vor seinem Abriss im obersten Stock eine ursprüngliche Schuhmacherei freigab, die durch den Marchring inventarisiert und gerettet wurde. «Es war die richtige Entscheidung», blickt Betli Stählin-Tschanz heute zufrieden zurück. In Melk Züger – sie hätten am gleichen Tag Geburtstag – fand sie einen Geschäftspartner, der mit ihr das Versprechen einlöste und für zumindest einen Teil der angesammelten Gegenstände und Dokumente einen Ort im Neubau reservierte. Dieses «Archiv- Stübli», wie sie es nennen, befindet sich nun im westlichen Teil der Überbauung.

 

Kein Dorfmuseum, aber eine Fundgrube zum «Schneuggen»

Was aber beinhaltet dieses Archiv-Stübli? Betli Stählin-Tschanz zählt auf, was es nicht ist: keine wissenschaftliche Sammlung und kein Museum, also auch kein Dorfmuseum. Dennoch ergeben sich beim «Schneuggen» unzählige Gelegenheiten, etwas über das Dorf Altendorf zu erfahren. Einheimische finden dabei fast den «Ausstieg» nicht mehr, und Zugezogene, ergänzt Stählin-Tschanz, könnten hier erfahren, wie das Bauerndorf einmal war. An dieser Stelle sei angefügt, dass Betli Stählin-Tschanz nicht nur alte Dinge gesammelt und gehandelt hat, sondern auch kulturelle Pionierarbeit geleistet hat. So porträtierte sie damals alle aktuellen Bauern im Dorf und fasste alles in einem reich bebilderten Buch zusammen. Überhaupt darf sie durch ihre fotografische Tätigkeit als eigentliche Dorfchronistin bezeichnet werden. So verwundert es nicht, dass ihr der Kulturpreis der Gemeinde Altendorf verliehen wurde, eine Auszeichnung, die bis anhin nur gerade vier Personen zuteilwurde.

 

Alles selber eingerichtet und geregelt

Genau diesen Preis könne er ihr nicht mehr überreichen, weil sie ihn schon habe, scherzte Gemeindepräsident Beat Keller anlässlich einer Vorstellung des Archiv-Stüblis für den Gemeinderat und weitere Beteiligte. Aber es sei ein «glücklicher Tag», so Keller. Er danke ihr für den grossen Einsatz für die Gemeinde. Diesem Dank schloss sich Marchring-Präsident Adrian Oberlin an. Er schilderte, wie Betli Stählin-Tschanz keinerlei Hilfe beanspruchte – sie finanzierte auch alles selber, wie sie anfügt. Sicher ist aber, dass der Marchring bei Bedarf jederzeit unterstützend bereitsteht. So wird nun das Archiv-Stübli der Öffentlichkeit zugänglich sein. Eine Anmeldung für den Samstag- und Sonntagnachmittag brauche es nicht, winkt Betli Stählin-Tschanz ab. Alle seien willkommen, eine Beiz werde aber nicht geführt. Wetten, dass dennoch etliche beim Schmökern im Archiv-Stübli die Zeit vergessen werden? 

Öffnungszeiten

Das Archiv-Stübli an der Zürcherstrasse 5 in Altendorf ist jeweils das erste Wochenende im Monat samstags und sonntags von 13.30 bis 16.30 Uhr geöffnet.

 

Höfner Volksblatt und March-Anzeiger / Andreas Knobel

Autor

Höfner Volksblatt & March Anzeiger

Kontakt

Kategorie

  • Dies & Das

Publiziert am

29.05.2024

Webcode

www.schwyzkultur.ch/FBQgqD