Lena Röthlin möchte Biologie studieren, aber auch weiterhin schreiben. Bild Michel Wassner
Lena Röthlin möchte Biologie studieren, aber auch weiterhin schreiben. Bild Michel Wassner

Literatur

Von einer, die Geschichten erzählt und das in Bildern

Lena Röthlin bringt gerne ihre Fantasie zu Papier. Nun hat sie den Schweizer Schreibwettbewerb Linguissimo gewonnen – mit einem Märchen. Beim Treffen in Lachen geht es um Inspiration, Reisen und Hexen auch.

Damals, als die Menschen noch an den Teufel glaubten, trugen die Bäume immerzu Blätter.» Manchmal ist der erste Satz bereits eine Punktlandung. Lena Röthlin aus Altendorf hat ein Märchen geschrieben. Und einen Preis bekommen. Der Triumph begann mit einer Überraschung. «Ich habe bis jetzt vor allem Fantasie geschrieben, deshalb war ich überrascht, den Märli-Wettbewerb zu gewinnen.» Vorgabe war es, mit jemandem aus einer anderen Schweizer Sprachregion zusammen ein Märchen zu verfassen. «Auf den Wettbewerb kam ich über die Homepage der Schule. Man musste zwei Texte einreichen, einen auf Deutsch, einen auf Französisch. » Ihre Schreib-Gefährtin hat sie vorher nicht gekannt. Sie heisst Elsa. «Wir haben uns auf Anhieb gut verstanden. Sie ist im gleichen Alter. Eine Idee für unser Märchen war schnell gefunden. Dann arbeiteten wir an den Feinheiten. Ich habe den Grossteil geschrieben. Sie trug den französischen Teil bei, überarbeitete und korrigierte den Text.» Die Märchen sollten eine Länge von 1200 Wörtern haben. «Wir hatten fünf Stunden Zeit zum Schreiben. Verteilt auf zwei Tage. Am ersten waren es zwei, am zweiten drei Stunden. Aber ich habe auch zwischendurch weiter am Text gearbeitet.» Die junge Frau aus Altendorf ist Perfektionistin. Der Gewinn ist eine Reise – innerhalb der Schweiz, nicht ins Land der Fantasie. Über ein Wochenende. Termin und Ort sind noch nicht klar. «Vor dem Wettbewerb hatten wir einen Workshop mit der Autorin Conchi Vega. Sie sag-te, ein Märchen ende immer gut. Sagen eher schlecht.» Eine Sage, erklärt sie, brauche immer einen konkreten Ort und ein paar häufige Namen aus der Region. «Wir haben uns beim Wettbewerb für ein Märchen entschieden. Wobei der Text Elemente von beidem hat.» Letztes Jahr hatte Lena schon einmal mitgemacht. Sie gewann 2022, sie gewinnt 2023, die Organisatorin sagt: «Jetzt muss ich schon zum zweiten Mal eine Reise für dich organisieren.»

Weg vom Alltag


Ein kleiner Junge, krank. Eine junge Frau, Madeleine. Ein Greis mit Stock, hält Wache. Madeleine möchte dem Jungen helfen. Keiner weiss, was ihm fehlt. Einzig die Frau hat ein Heilmittel. Der alte Mann verjagt sie. Er sagt: «Verschwinde du Hexe.» Der Junge stirbt, viele andere auch. Ein Märchen muss nicht mit den Worten «Es war einmal» beginnen. «Das ist typisch, aber nicht zwingend », sagt Lena Röthlin. Worauf es ankommt, weiss sie. «Ob Märchen oder Fantasy: Als Leser muss man sich hineinversetzen können. Die Geschichten müssen sehr bildhaft sein und auch in einem gewissen Mass plausibel.» Was sie damit meint, ist eher Stringenz, weniger Logik im Sinne von Naturgesetzen. Klar. Ein Märchen, erklärt Lena weiter, solle den Leser in eine andere Welt entführen, weg aus dem Alltag. Das gelte auch für Fantasy-Geschichten. Märchen brauchen einen Protagonisten und einen Antagonisten. «Meist bekommt der Protagonist eine Aufgabe und der Antagonist will ihn an der Erfüllung hindern. Aber der Protagonist siegt.» Und Hexen? «Meist sind sie im Märchen böse. Das muss aber nicht sein.» Ausserdem könne eine Hexe auch ganz normal aussehen, ohne spitzen Hut und lange Nase. Gut zu wissen.

Schreiben in der Nacht


Lena Röthlin ist übrigens 18 Jahre alt, Schülerin an der KSA in Pfäffikon und macht gerade Matura. Abschluss im Juli. Danach eine Biologie-Woche. Weil sie das interessiert. «Ich möchte Biologie studieren. Schreiben ist für mich ein Hobby, seit ich zwölf Jahre alt war. Ich hatte immer schon viel Fantasie.» Wie so oft, gab auch bei ihr das Lesen den Ausschlag. «Als Kind habe ich Märchen gelesen, bin aber recht schnell auf Fantasy umgestiegen.» Sie bekam ihren ersten Computer und legte los mit dem Schreiben. Aus den Versuchen wurde Leidenschaft. Passion beginnt oft im Kleinen. «Meine Inspirationen hole ich mir vor allem aus dem Alltag. Aber auch aus anderen Geschichten und Büchern.» Wenn sie an ihren Texten arbeitet, steht die Welt um sie herum still. «Ich bin dann voll im Schreiben drin. Für meine Maturaarbeit – ein Fantasyroman – sass ich tagelang in meinem Zimmer und schrieb. Das hat mir gefallen.» Lena braucht Ruhe, um ihre Texte zu Papier zu bringen, am liebsten macht sie das nachts. Wenn, dann gibt es ein bisschen Musik im Hintergrund. Passt es zur Dramaturgie, darf es auch mal ein Filmsoundtrack sein.

Nebenberuf Autorin


Feedback gab es bisher nur aus dem engeren Familien- und Bekanntenkreis. «Meine Schwester, meine Eltern und gleichaltrige Kollegen haben meine Texte gelesen. Das Feedback war gut. Sie wollen alle eine Fortsetzung.» Altersgrenzen sieht sie nicht. «Ich denke, Märchen und Fantasy-Geschichten sind für jüngere und ältere Leser gleichermassen geeignet.» Bis jetzt blieb Lena stets diesen Genres treu. Aber sie möchte sich künftig auch an andere Textgattungen wagen. Ihren Matura-Roman schickt sie eventuell an einen Verlag. «Ich bin auch schon an einer Fortsetzung dran.» Sollte es nichts werden mit dem Verlag, plant die Schülerin, ihr Buch im Self-Publishing zu veröffentlichen. Trotz des naturwissenschaftlichen «hard-facts»-Studium Biologie wird sie dem Schreiben auch in Zukunft treu bleiben. «Einfach nebenbei», sagt sie. Nebenberuflich als Autorin zu arbeiten – das könnte sie sich vorstellen. Eine interessante Kombination. Allemal.


Höfner Volksblatt und March-Anzeiger / Michel Wassner

Autor

Höfner Volksblatt & March Anzeiger

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Kategorie

  • Literatur

Publiziert am

19.05.2023

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