Kunst & Design
Literatur
«Risse sind für mich die Essenz des Lebens»
Mit ihrer Installation «Der Riss» hat sich Maya Lalive weitherum einen Namen gemacht. Der Somedia-Verlag porträtiert die alt Nationalrätin aus Bäch und ihr Werk in einem eindrücklichen Bild- und Textband.
Der Umschlag des Kunstbuches «Maya Lalive. Soulscapes and Landmarks » macht neugierig. Was für eine Seelenlandschaft oder Landmarke könnte da abgebildet sein? Sind es etwa Flechten? Ist es abstrakte Malerei? Beim genussvollen Weiterblättern in den ungewöhnlich dicken, ungebleichten Seiten findet sich nicht sofort eine Antwort. Dafür ziehen einen die Foto-Aufnahmen in den Bann, die vom «Riss» erzählen, vom gewaltigen Gebirge und der Staumauer im Bergell, wo die Künstlerin Maya Lalive mit ihrer grossen Installation «Der Riss/La Fissura» 2016 für Furore sorgte.
Tausendfach vergrösserter Riss
Mit Rissen und Umbrüchen im persönlichen Lebensweg hat die genannte Arbeit begonnen, die nach fünf Jahren Vorbereitung in der Intervention an der Albigna-Staumauer 2016 ihren Höhepunkt fand. Die Mauer ist 140 Meter hoch und 10 Meter breit. Basis für die Installation bildete ein tausendfach vergrösserter Felsriss, den Lalive auf einer Klettertour fotografiert hatte. Es war eine vergängliche Arbeit, die nun in den ausgewählten Fotos des Bild-Textbandes eindrücklich weiterlebt. «Risse entstehen durch die Urkraft der Natur. Sie stehen für Verwerfung, Verletzlichkeit und Vergänglichkeit, für Störungen und Veränderungen, die zwangsläufig etwas Neues auslösen», sagt die Künstlerin dazu. Und weiter: «Risse sind für mich die Essenz des Lebens. Nichts ist sicher. Nichts ist von Dauer.» Das auch grafisch sorgfältig gesetzte Zitat neben der Fotografie einer zerklüfteten Felsformation drückt mit wenigen Worten aus, was die Künstlerin als passionierte Kletterin in der Natur erlebt und mit ihrer Kunst bei der Staumauer als Metapher für das Leben umzusetzen weiss.
Natur als Inspirationsquelle
Der Fels oder genau gesagt dessen Strukturen sind ein primäres Motiv von Lalive. Die Natur als Inspirationsquelle, Orte, an die nicht jeder hinkommt, haben es ihr angetan. Eine kleine Fotokamera hat sie stets dabei. Dies ist den Textbeiträgen verschiedener Autoren zu entnehmen, welche die Abbildungen ihrer Werke im Buch ergänzen. Erst 2007 hat die heute 60-jährige Lalive ihr ursprüngliches künstlerisches Interesse wieder aufgenommen. Dies, nachdem sie in jungen Jahren Germanistik, Kunstgeschichte und englische Literatur studiert hatte, dann als Publizistin, in diversen Führungspositionen und als Nationalrätin der FDP auch in der Politik tätig war. Fasziniert von der Kraft, der Seele und Schönheit der Natur ist Lalives künstlerischer Blick mal in die Weite, dann in die Mikrolandschaft von Felsoberflächen gerichtet. Typisch für die Künstlerin ist das Arbeiten in Serien, welche oft auch im Aussenraum,dann als «Landmarks», in Wechselwirkung mit der Natur ihre besondere Wirkung erzielen. Auf unterschiedlichen Farbträgern – mit Naturpigmenten oder Ölfarbe gemalte Kompositionen auf Aluminium, Leinwand, Holz oder Papier – verarbeitet die Künstlerin Natureindrücke und Erfahrungen, die sie als «Soulscapes» bezeichnet. Fels-Fotografien dienten ihr für die Werkgruppe Unknown Landscapes (unbekannte, unentdeckte Landschaften) als Rohmaterial. Der auf das Buch neugierig machende Umschlag sei ein typisches Beispiel für das Ausgangsmaterial dieser Werkgruppe, beantwortet Lalive die Frage zum Buchcover. Es handelt sich um eine Fotografie, die sie von Felsstrukturen im Val di Mello im italienischen Bergell machte. (Maya Lalive: «Soulscapes and Landmarks». Somedia-Buchverlag, Glarus. 60 Seiten).
Höfner Volksblatt und March-Anzeiger/ Claudia Kock Marti
Autor
Höfner Volksblatt & March Anzeiger
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