Bühne
Kuriose Ideen und berndeutsche Schachtelwörter
Das Festival «Der Herbst» ist mit dem witzigen Gesellschaftskritiker Reeto von Gunten ins diesjährige Programm gestartet.
Das beliebte Festival «Der Herbst» wirbelt wieder über die Bühne. Zudem mit einem doch sehr respektablen Jubiläum: Das von Tausendsassa Roger Bürgler erfundene, geleitete, von vielen Highlights gespickte und zum festen Wert geführte Festival zwischen Kleinkunst und grosser Bühne findet bereits zum zwanzigsten Mal statt. Seit dem damaligen Start im alten Rathaus Gersau ist es ständig gewachsen, bis heute sind 199 Konzerte und Vorstellungen geboten worden. «Der Herbst» ist in der Szene, sogar international, längst zum Begriff geworden. Gestartet wurde dieses Jahr mit einem Altbekannten. Der Berner Reeto von Gunten, der als Kontrast dazu in Zürich lebt, war am Mittwoch bereits zum vierten Mal am zu Gast am Festival. Er fühlte sich bei seinem Auftritt auf der «Waldstätterhof»-Bühne in Brunnen spürbar zu Hause. Gut gelaunt, verschmitzt, witzig und mit queren Ideen hat er fasziniert. Sein Programm ist eine Mischung aus einem disharmonischen Dia-Abend, der Kommentierung von Rock- und Popmusik und – vor allem – der Beobachtung und hemmungslosen Rapportierung von menschlichen Unzulänglichkeiten.
Bücher umgetitelt und Sprechblasen für Gemälde
Reeto von Gunten deckte verschmitzt auf, welche Hits von Vorgängern geklaut und von Kopisten zum Welterfolg gemacht worden sind. In einer anderen «Guerilla-Aktion» hat von Gunten Objekte der verschiedensten Art im öffentlichen Raum mit kleinen Klebern kommentiert. «Eine Removable-Aktion», nennt er dies, und machte sich so über die Ästhetik von Bündeln der Papiersammlung, über Gratisabholaktionen, weisse Turnschuhe, angebliche Verkleidungen, das Leben in einer WG oder über Zivilisationsabfall lustig und machte sie gleich zum Kunstwerk der «Galerie Playeler». Bücher wurden von ihm «umgetitelt», selbst gefertigte Keramik wurde mit berndeutschen Wortverschachtelungen zum Leben erweckt, und schliesslich mussten sogar Klassiker der darstellenden Kunst dran glauben. Von Gunten hat Ölgemälde mit frechen Sprechblasen zu einer ganz anderen Aussage gezwungen.
Berndeutsche Schachtelwörter
Reeto von Gunten ist ein ausgezeichneter Beobachter und Stadtwanderer, der quer denken kann. Seine Ideen sind schräg, seine Aktionen lustig, die gezeigten Bilder überraschend, seine Beispiele überzeugend. Zudem beweist er viel Selbstironie, die sogar das Lehrerhafte zu überdecken vermag. Und natürlich liebt er es, das Berndeutsch derart zu komprimieren, zum Beispiel von vier Wörtern auf fünf Konsonanten, dass es nicht mehr auf Anhieb erkennbar ist. Daran hat er seine spitzbübische Freude, die er dann das Publikum weitergibt.
Bote der Urschweiz / Josias Clavadetscher
Autor
Bote der Urschweiz
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