Dies & Das
Kunst & Design
«Die Stadt durch meine Linse(n)»
Vier Monate Atelier in New York. Eine Stadt, die der Schwyzer Filmemacher Lars Mulle hauptsächlich mit der Film- und mit der Fotokamera kennenlernte – und das fast immer zu Fuss.
«Als ich die Zusage für den Atelier-Aufenthalt bekam, wusste ich: Das wird eine besondere Zeit. Ich hatte mich bewusst für New York beworben. Die Stadt ist weit weg, anonym und voller Energie. Eine Herausforderung, die mich reizte. Vor 15 Jahren war ich mit meiner Familie in New York. Ich wusste, irgendwo in der Stadt war das Filmset zu ‘The Wolf of Wall Street’ aufgebaut – dorthin wollte ich unbedingt. Gefunden habe ich es nie. Aber die Faszination für diese Stadt mit ihren ikonischen Bildern und ihrer Filmgeschichte ist geblieben. Das Atelier eignete sich perfekt, um tiefer in meine Projekte einzutauchen – dies ohne vorgegebene Struktur, aber doch mit einem persönlichen Ziel. Während dieser Zeit war ich in einem seltsamen Zustand, so etwas zwischen Tourist und Einheimischer.
Ahnenforschung und Kinosessel
Mein Urgrossvater war als Kind mit seiner Familie von der Schweiz nach New York ausgewandert. Während meines Aufenthalts ging ich auf Ahnenforschung. Es war ein spezieller Moment, als ich das Haus seiner Tante entdeckte und realisierte, wie sich die Strasse von damals zu heute verändert hat. Mein Fokus lag aber auch in der Gegenwart der Stadt. Stundenlang lief ich durch die Strassen und erkundete Stadtteile, immer mit der Kamera in der Hand. Oft zog es mich auch in die kleinen, unabhängigen Kinos – perfekte Orte, um Inspiration für meine eigenen Filmprojekte zu sammeln und den Tag ausklingen zu lassen.
Film als Souvenir
Hauptsächlich arbeitete ich in New York an meinem Film «Haftpflicht, The Band». Gedreht habe ich diesen zusammen mit Jan-David Bolt, einem Studienkollegen, der mich während meines Aufenthalts besuchte. Er hat geschauspielert, ich war für Kamera und Regie zuständig. Wohnungen, Strassen und die Umgebung dienten uns als Kulissen. Das Ende des Films entstand im Central Park während der Sonnenfinsternis. Der ganze Park war voller Menschen mit diesen speziellen Schutzbrillen. Es war einzigartig und ich bin froh, dass ich diesen Moment filmisch festhalten konnte. Der Film ist auch heute noch ein Highlight für mich, weil er in New York entstanden ist – spontan, mit wenig Equipment, improvisiert. Dass er auf Festivals gezeigt wird, bestätigt mir: Es braucht nicht immer grosse Budgets, um gute Geschichten zu erzählen.
Energievolle Stadt
New York ist eine Stadt voller Kontraste. Man erlebt täglich Neues und Unerwartetes, sieht Schönes und Tragisches nebeneinander. Meine Zeit dort hat mich geprägt, die Stadt genauso wie ihre Menschen. Insbesondere die Energie und der Durchhaltewille jener Kunstschaffenden, die ich hier kennenlernen durfte. In New York überlebt nur, wer seinen Weg konsequent verfolgt. Das hat mich inspiriert. Und mir gezeigt, wie wichtig es ist, einfach loszulegen.»
Zum Künstler
Lars Mulle, 1995 in Luzern geboren und in Merlischachen aufgewachsen, schloss 2015 seine Matura am Gymnasium Immensee ab. Von 2016 bis 2021 studierte er Film an der Zürcher Hochschule der Künste. Aktuell lebt und arbeitet er als freier Filmemacher in Zürich. In seinen filmischen Arbeiten verbindet er Tragikomödie mit magischem Realismus.
Artikel erschienen im szene Magazin (Kulturmagazin des Kantons Schwyz: Ausgabe 5 - Juni 2025 / Text: Sara Gianella / Bilder von Lars Mulle
Autor
SchwyzKulturPlus
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