Philipp Kälin (links) und Andi Bachmann legen die Zünder für die Explosion mit den Funkzündern in die dafür vorgesehenen Nischen. Fotos: René Hensler
Philipp Kälin (links) und Andi Bachmann legen die Zünder für die Explosion mit den Funkzündern in die dafür vorgesehenen Nischen. Fotos: René Hensler
Hermann Guggenberger vom Spezialeffekte-Team bereitet eine der beiden «Sprengladungen» vor.
Hermann Guggenberger vom Spezialeffekte-Team bereitet eine der beiden «Sprengladungen» vor.

Bühne

Die vier Elemente am Welttheater

Bei der 17. Spielsaison kommen wiederum sogenannte Spezialeffekte zum Zug. Diese Effekte sollen das Schauspielensemble in ihrer Darstellung unterstützen und nicht überragen.

Wer nach dem Wort «Spezialeffekt » googelt, erhält bei Wikipedia folgende Antwort: «Als Spezialeffekt wird eine mechanische oder chemische Technik bezeichnet, um bestimmte aussergewöhnliche Erscheinungen, wie etwa Explosionen, in Theater oder Film zu erzeugen.» Hiervon gibt es beim Einsiedler Welttheater der aktuellen Spielsaison einige. Häufig werden die vier Elemente herangezogen. Den Beginn macht hier das Wasser. Und nein, es ist nicht der allgegenwärtige Regen des Sommers 2024 gemeint. Aber dennoch kommt der Regen vor. In der Bauernszene wird der Donner via Tonanlage eingespielt und die Blitze über die zig Scheinwerfer. Der Regen wird jedoch nur akustisch erzeugt, indem die Mitglieder des Chors ihre Hände auf die Oberschenkel klatschen. So verstärkt, klingt es wie ein Regenschauer.

Wasser

Der nächste Effekt ist ein fliessender Übergang von Inszenierung, Ton und Requisite. Beim Auftauchen der kleinen Viecher, gespielt von den Kindern mit langen Ruten, an deren Ende ein schwarzes Stoffteil hängt, unterstützt ebenfalls der Chor mit Klappergeräuschen. Beim Auftritt des grossen Vieches hat der heimliche Star auf dem Klosterplatz seinen ersten Auftritt: der Nebel. Im Nu wird die grosse Treppe in Nebel gehüllt. Sie wundern sich sicherlich, wie das geschieht. Die Antwort ist simpel: mit feingesprütem Wasser. Die Firma Nephos aus Bellinzona ist spezialisiert darauf, Nebel oder gar Wolken in allen möglichen Formen künstlich herzustellen. Unzählige feine Zerstäuber sind im unteren Platz, entlang der Treppenstufen und auf dem Podium verbaut. So entsteht auf Befehl ein Nebel. Da die Verhältnisse immer wieder ändern, entwickelt sich der Nebel auch immer anders. Bei starkem Wind verbläst er sich, bei Windstille zieht er mystisch den Platz hinunter, zum Teil die Tribünen hinauf. Ein ganz spezieller Moment gibt es jeweils morgens um 04.01 Uhr zu beobachten. Damit die Leitungen korrekt durchgespühlt werden, produziert die Anlage zu diesem Zeitpunkt Nebel wie aus Geisterhand.

Feuer 

Beim nächsten Effekt kommt Feuer zum Zug. Die Königin wird mittels Sprengung gestürzt. Hierfür werden rund anderthalb Stunden vor der Aufführung zwei Zündvorrichtungen am Fusse der Hebebühne installiert. Dafür wurden extra Nischen ins Podium, welches auf die bestehende Treppe aufgebaut worden war, eingelassen. Neben dem Zünder wird auch ein Pulver in den Trichter gegeben. Das Pulver ist «Lycopodium», auch unter dem Namen Bärlappsporen bekannt. Dank diesem Pulver entstehen nach dem Auslösen der Zündung zwei schöne, hohe Stichflammen. Dieser Effekt wird mit sechs grossen Rauchmaschinen unterstützt. Auch hier gilt wie beim Nebel, wenn kein Lüftchen geht, sehen die Schauspielerinnen und Schauspieler oft ihre eigene Hand vor den Augen nicht mehr.

Erde

Bei der nächsten Szene, der Beerdigung, kommt wiederum der Nebel zum Zug. Danach wird für das Schattenreich der Platz eingenebelt. Die Tänzerinnen und der Chor treten dann mit einem Schleier bedeckt auf, der Tod geleitet den jungen Pablo vom lebenden ins Totenreich. Diese Szene berührt und hinterlässt oft ein staunendes Publikum. Im Anschluss folgen die Lieblinge des Welttheaters 2024: die Tauben. Hier gibt es aber jeden Theaterabend Überraschungen. Es ist immer ungewiss, ob die Tiere fliegen oder nicht. Das mit der mechanischen Öffnung scheint unterdessen bestens zu klappen. Das Loch, in welchem sich die Tauben ab zirka 19 Uhr befinden, ist extra beleuchtet. Somit ist die Gefahr des Einschlafens gebannt. Dennoch dauert es einige Zeit, bis alle den Weg aus der Box in den Nachthimmel finden. Den letzten Einsatz erhält die Spezialeffekttruppe beim Sturm auf den Autor. Da kommt der Nebel ein letztes Mal zum Einsatz, damit sich Autor Zeno Schneider an die anderen angleichen und dann abgehen kann.

Luft

Beim letzten Spezialeffekt ist der Spezialtrupp nicht mehr involviert. Denn es geht in die Luft. Der mit Helium gefüllte Spezialballon, der Mond, wird durch die Mondheber selber in Position gebracht. Einzig durch die Bühnenbauer erhalten sie Unterstützung. Wehe, der Mond hat zu wenig Helium, dann muss der Mond effektiv auf die Bühne gehoben werden. Beim lauten «Aaaaah» des Spielvolks ist das Spiel dann aus.

 

Einsiedler Anzeiger / René Hensler

Autor

Einsiedler Anzeiger

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Kategorie

  • Bühne

Publiziert am

23.07.2024

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