Eine denkwürdige Spielsaison ist am letzten Samstagabend zu Ende gegangen. Nach einer ungewollten Pause von elf Jahren fand das Einsiedler Welttheater einen versöhnlichen Abschluss. Bild Lukas Schumacher
Eine denkwürdige Spielsaison ist am letzten Samstagabend zu Ende gegangen. Nach einer ungewollten Pause von elf Jahren fand das Einsiedler Welttheater einen versöhnlichen Abschluss. Bild Lukas Schumacher

Bühne

Musik

500 Mitwirkende, 38 Aufführungen 60’000 Zuschauer, 100 Jahre

Am Samstag fiel der imaginäre Vorhang der 17. Welttheater Spielsaison. Einige waren und sind glücklich, aber noch mehr trauern einer einmaligen Zeit nach.  Nach einer ungewollten Pause von elf Jahren fand das Einsiedler Welttheater einen versöhnlichen Abschluss.

Das wars! Mit der Derniere am letzten Samstag sind die Aufführungen des Einsiedler Welttheaters 2024 Geschichte. Total 60’000 Personen haben sich das Stück, von Lukas Bärfuss geschrieben und von Livio Andreina inszeniert, angeschaut. Dies entspricht einer Auslastung von 79 Prozent. Um ein ausgeglichenes Budet zu erreichen, waren ein Publikum von 55’000 Zuschauenden notwendig. Die Zuschauerzahlen sind deutlich höher als im Jahr 2013, aber tiefer als im Jahr 2000 beziehungsweise 2007. Es gilt aber zu bedenken, die Tribüne war zur Hürlimann- und Hesse-Zeiten rund einen Drittel grösser. Und es konnten nicht alle Vorstellungen gespielt werden. Nicht so in diesem Jahr, 36 angesagte Aufführungen und acht Reservedaten. Am Schluss 38 gespielte Abende. Keines abgesagt oder unterbrochen. Einmalig in der 100-jährigen Geschichte der geistlichen Spiele von Einsiedeln.

 

Ein Verkaufsschlager

Das Stück wusste zu gefallen. Zu Beginn «lahmte» der Ticketverkauf. Es dürften sich wohl viele gedacht haben, bis in den September geht es noch lange. Als es langsam auf die Sommerpause los ging, füllte sich die Tribünen immer mehr. Anfänglich waren die Mittwochabende der Renner, dann der Freitag und am Schluss der Samstag. Nach der Sommerpause wurde es schwieriger, Plätze zu ergattern. Gegen den Schluss hin waren wieder genügend Plätze verfügbar.

 

Ein emotionaler Schluss

Ab 18 Uhr war auf und um den Klosterplatz das gewohnte Wusseln im Gange. Die Orchestermitglieder richteten zum letzten Mal ihren Platz ein und spielten sich warm. Der Chor stürzte sich ein letztes Mal in seine schicken Blusen und sang sich bei der Klostermühle ein. Die welttheatereigenen Feuerteufel luden die Sprengung und testeten Rauch- und Nebelmaschine zur finalen Vorstellung. Die grosse Kartonschachtel wurde ein letztes Mal aufgeladen. Und so weiter und so fort. Immer wieder hörte man: ein letztes Mal. Teils wehmütig, teils erfreut wurde es gesagt. Dann fiel der Startschuss mit dem wilden Hupen der Möbelpacker. Das letzte Spiel begann. Gewohnt professionell wurde die letzte Aufführung gespielt. Hie und da war für die Insider ein «verbotener» Dernierengag ersichtlich. Oder haben die Bauern beim Wort «Durst» immer etwas getrunken? Warum trugen die jungen Rapper Sonnenbrillen und fast keine Oberteile? Und warum kletterte Pablo mit einer Rose zu seiner geliebten Emanuela auf den Thron? Und, seit wann trägt Marco «Barfuss» Kälin freiwillig Schuhe als Bettler?.

 

Etwas längere Schlussszene

Mit dem Welttheaterlied zum Schluss war es vorbei, fast. Die gesamte künstlerische Leitung begab sich zusammen mit dem Vorstand auf die Bühne. Von der Ladefläche des Mondheber-Pickups wurden jeder und jedem auf dem Platz eine Sonnenblume überreicht. Präsident Hanspeter James Kälin richtete Dankesworte an alle Beteiligten. Er dankte der Klostergemeinschaft für die Gastfreundschaft und forderte das Spielvolk auf, im Kultur- und Kongresszentrum Zwei Raben den Abschluss zu feiern.

 

Mitternachtssnack und Reden

Angekommen im Zwei Raben galt es, sich bei einem Mitternachtssnack für die kommende Nacht zu stärken. Der Sonntag war bereits angebrochen, als Peter Lüthi das Mikrofon übernahm und begann, Geschenke zu verteilen. Die «kleinen» Geschenke wurden im grossen Karton der Mondheber durch eben diese auf die Bühne gebracht. Der Präsident erhielt ein grosses Welttheater-Plakat der Saison 2024 mit den Unterschriften aller Beteiligten. Das Paket hielt aber noch mehr Geschenke bereit. So bekam die gesamte künstlerische Leitung je ein T-Shirt, ebenfalls mit Unterschriften aller. Ganz alleine musste sich Produktionsleiterin Claudia Capecchi dem Spielvolk stellen. Sie erhielt ein 38-maliges Konzentrat von tosendem Applaus und eine Standing Ovation. Auch sie durfte sich über ein persönliches Geschenk freuen. Gegen den Schluss der Reden wurde Klostervorsteher Abt Urban ans Mikrofon gebeten. Er gewährte einen Einblick in seine Theaterabende. Das Welttheater-Klosternottelefon hütete er jeweils. Falls wieder irgendwo eine Türe offen oder in einem Fenster Licht brannte, kam er zum Einsatz. Nachdem die Aufführung startete, konnte er anhand der Musik erspüren, welche Szene gespielt wurde. Auch seine Wappenscheiben merkten dies und wippten oft im Takt mit. Eigentlich wäre er gerne jeden Abend auf der Tribüne gesessen als im Büro, musste er eingestehen. Abschliessend meinte er: «Mein Vertrauen in die künstlerische Leitung hat sich gelohnt. Sie zeigte sich in der Spielfreude des ganzen Ensembles.» Livio Andreina richtete sich ebenfalls ans Spielvolk, erklärte kurz den Begriff «Theatron», was aus dem griechischem stammt und «etwas sehen» bedeutet. Er sagte: «Wenn ein Schauspieler seine Figur gut spielt, wird aus einem Theaterbesucher ein Zuschauer.» Das Einsiedler Spielvolk war in diesem Jahr nicht nur Spielvolk, sondern auch Gastgeber, Gastgeber von 60’000 Gästen.

 

Musikalischer Ausklang

Nach den ultimativen Schlussworten von Peter Lüthi wurde der gemütliche Teil eingeläutet. Das Orchester versammelte sich auf der Bühne und spielte nochmals das Welttheaterlied live. Der ganze Saal sang inbrünstig mit. So «angeheizt» hatte der engagierte DJ keine Probleme mehr, und das Tanzbein wurde bis in die Morgenstunden geschwungen.

 

Einsiedler Anzeiger / René Hensler

Autor

Einsiedler Anzeiger

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Kategorie

  • Bühne
  • Musik

Publiziert am

10.09.2024

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