Gegen 30 Interessierte fanden sich am Mittwoch zum Architekturspaziergang ein. In der Bildmitte mit Mütze Niklaus Lenherr aus Luzern.  Bild Franz Kälin
Gegen 30 Interessierte fanden sich am Mittwoch zum Architekturspaziergang ein. In der Bildmitte mit Mütze Niklaus Lenherr aus Luzern. Bild Franz Kälin
Auf Finessen und Schönheiten wies Niklaus Lenherr hin – wie zum Beispiel auf die zwei Krieger am Haus St. Jdda an der Erlenbachstrasse. Bild Victor Kälin
Auf Finessen und Schönheiten wies Niklaus Lenherr hin – wie zum Beispiel auf die zwei Krieger am Haus St. Jdda an der Erlenbachstrasse. Bild Victor Kälin

Dies & Das

Alltäglichkeiten und Überraschungen

«Auf kleinstem Raum habe ich hier drei verschiedene Typen von Strassenlampen gefunden!» Mit solchen und ähnlichen Spitzfindigkeiten verblüffte der Künstler Niklaus Lenherr die Teilnehmer des zweiten Architekturspaziergangs in Einsiedeln.

Der Verein SchwyzKulturPlus startete letztes Jahr die sogenannten Architekturspaziergänge im Kanton mit einer Führung durch Strassen und Plätze von Einsiedeln, dem laut Denkmalpfleger Thomas Brunner «verdichtetsten und städtischsten Dorf des Kantons». Im vergangenen Mai führte der gleiche Referent durch den Ortskern von Brunnen. Und vorgestern Mittwoch war bereits wieder Einsiedeln an der Reihe, aber nicht mehr mit einem Fachmann der Architektur oder Denkmalpflege, sondern mit einem Kunstschaffenden. Der in Luzern lebende Niklaus Lenherr (*1957) versteht sich als freier Kurator und Kulturvermittler, seine Werke umfassen Kunst im öffentlichen Raum, Installationen, Graphik und so weiter. Bei diesem Spaziergang wollte der Künstler Vertrautes und Bekanntes neu präsentieren: «Vieles, das häufig gesehen wird, verliert oftmals an Bri- sanz und wird kaum noch wahrgenommen.»

Altbekanntes neu entdecken

Die rund 30 Personen waren denn auch sehr gespannt, auf welche Alltäglichkeiten und Überraschungen der Künstler ihre Blicke lenken würde. Sie wurden nicht enttäuscht, der Luzerner Künstler liess sie im Dorfbild von Einsiedeln viel Altbekanntes neu entdecken. Sicher, für die Einheimischen waren die meisten der unzähligen (öffentlichen!) Um- und Schleichwege nicht neu. Doch was der Künstler an banalen Orten sah und zeigte, war eben oft überraschend, zum Beispiel die Verwendung von verschiedensten Baumaterialien auf kleinstem Raum, in Hinterhöfen und engen Durchgängen. Er liess auch den Blick nach oben schweifen, zum Beispiel auf die Dachgärten und Ziegelarten, «normalerweise schauen wir beim Gehen ja nur stur geradeaus!». «Haben Sie ganz oben am Haus die zwei Krieger bemerkt, die einen Mini-Balkon zu bewachen scheinen?» Niklaus Lenherr steht vor dem langjährigen Schwesternhaus St. Jdda an der Erlenbachstrasse, einem der ganz seltenen Back- steinhäuser in Einsiedeln. Die Krieger sieht man vom Fussweglein zwischen Erlenbachstrasse und Schwanenstrasse aus.

Charmantes

Für die Teilnehmer von ausserhalb Einsiedelns war vieles neu und der Fokus ungetrübter. So haben sich die Einheimischen schon jahrzehntelang an die baufälligen Holzhäuser an der unteren Schmiedenstras- se beim Gotthard gewöhnt und sich mit dem «Slum» abgefunden. Doch Niklaus Lenherr konnte den uralten Häusern einen grossen Charme abgewinnen, seis vom Waldstatt-Parkplatz her gesehen oder – genauso baufällig oder eben «charmant» – vom Parkplatz an der Fuchsenstrasse her. Apropos Platz: Der Künstler, als Liebhaber von Lyrik, wies mit Freude auf das Geburtshaus von Meinrad Lienert «Adam und Eva» hin und erwähnte, dass darum hier der Meinrad Lienert-Platz sei, «der Meinrad Lienert-PARKplatz!» Als schönes Kompliment an die früheren Bauherren von Einsiedeln zählte Niklaus Lenherr auf dem Spaziergang auch einige der «hochpoetischen» Häusernamen auf: Paradies, Drei Herzen, Goldapfel, Wachslicht, Flucht nach Ägypten …

Ein nächstes Mal in Steinen

Im Anschluss bot sich bei einem Apéro im Rosengarten Gelegenheit zu Diskussionen mit Niklaus Lenherr und Hansjörg Kaufmann, dem organisierenden Vertreter von SchwyzKulturPlus. Er verriet für Mai 2018 das Ziel des nächsten Architekturspaziergangs, wieder mit dem kantonalen Denkmalpfleger: Steinen, wo der Regierungsrat vor Kurzem zwei 700-jährige Holzhäuser zum Abbruch freigegeben hat.

Einsiedler Anzeiger (bkä)

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Einsiedler Anzeiger

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Publiziert am

08.09.2017

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