Die Autoren und sieben Porträtierte (vorne von links): Paolo De Caro, Thomas Fehr, Heinz Nauer. Hinten von links: Therese Marty, Anni Birch-ler, Viktoria Wiget, Wendel Aschwanden, Maria Zürcher, Armin Ochsner, Marc Ochsner. Fotos: Gina Graber
Die Autoren und sieben Porträtierte (vorne von links): Paolo De Caro, Thomas Fehr, Heinz Nauer. Hinten von links: Therese Marty, Anni Birch-ler, Viktoria Wiget, Wendel Aschwanden, Maria Zürcher, Armin Ochsner, Marc Ochsner. Fotos: Gina Graber
Einblick in das neue Buch: hier ist Viktoria Wiget am Werk. Bild zvg
Einblick in das neue Buch: hier ist Viktoria Wiget am Werk. Bild zvg

Literatur

Einzigartige Menschen – einzigartige Zubereitungen

Eine Buchvernissage der sinnlichen Art fand am Samstagabend im Haus Fram statt. Vorgestellt wurde der Band «Hafächabis, Chabis und Schaffleisch, Chabishafä», der dem beliebten Eintopfgericht und elf seiner Köchinnen und Köche kulturell und kulinarisch auf den Grund geht.

 Man darf den Hafächabis als Kulturgut bezeichnen, gehört er doch zum kulinarischen Erbe verschiedener Innerschweizer Regionen, so auch zu Einsiedeln und Umgebung. Gerade weil er so bekannt und beliebt ist, kann man prima über ihn diskutieren und disputieren, denn jeder und jede weiss ganz genau, wie er zu schmecken hat und wie nicht, was unbedingt hineingehört und was ganz sicher nicht. Dabei könnte die Zutatenliste kürzer nicht sein: Chabis und Fleisch. Aber schon beim Fleisch scheiden sich die Geister. Gehört nun Schöüffigs hinein oder muss es Schwiinigs pur sein? Darf man eingesottenen Ankä zum Anbraten verwenden und passt Chnobli wirklich dazu?

 

Das unansehnlichste aller Gerichte

Genau eine solche Diskussion war der Anlass für die Entstehung des Buches «Hafächabis, Chabis und Schaffleisch, Chabishafä – ein Urschweizer Kulturgut ». Geführt wurde sie eines langen Abends im Jahr 2017 an einer Einsiedler Bar, wie Initiant und Autor Marc Ochsner zu berichten wusste. Aus den philosophischen Betrachtungen über den Hafächabis entstand die Idee, ein Buch über das unansehnlichste aller Gerichte, wie er den urchigen Eintopf nennt, zu verfassen. Marc Ochsner machte sich mit Co-Autor Heinz Nauer und dem Fotografen Paolo De Caro alsbald an die Umsetzung der verrückten «Bar-Idee». Man könnte als dritte Hauptzutat zum Hafächabis die Zeit nennen. Wie das Gericht selbst musste auch das Buch lange köcheln, bis es am vergangenen Samstagabend präsentiert werden konnte. Ideen wurden erarbeitet und wieder verworfen. Es galt, Grundlagen zu recherchieren sowie Köche und Köchinnen für das Projekt zu finden. Diese mussten nicht nur bereit sein, ihr Rezept zu verraten, sondern das Autorenteam auch noch zu empfangen und zu verköstigen.

 

Gelebte Gastfreundschaft

Nach dem ersten Besuch in der Küche der Einsiedlerin Anni Birch-ler war den Autoren klar, dass es mit dem Projekt klappen würde. Insgesamt elf Köchinnen und Köche gewährten ihnen Gastfreundschaft und Einblick in ihre Küchen und Töpfe. Fotograf Paolo De Caro schwärmte von den Begegnungen: «Wir haben einzigartige Menschen kennengelernt, die den simplen Hafächabis einzigartig für uns zubereitet haben.» Dabei hätten sie sich ja meistens selbst eingeladen, seien als Fremde an die Menschen herangetreten und hätten sehr persönliche Dinge von ihnen erfahren, berichteten die Autoren weiter. Aber sie waren immer willkommen, sassen oft im geselligen Kreis von Familienmitgliedern und Bekannten am Tisch und blieben immer länger als beabsichtigt.

 

Hafächabis ist eine sehr persönliche Angelegenheit

So ist aus dem Buch über den Einsiedler Hafächabis, den Glarner Chabishafä und das Urner Gericht Chabis und Schaffleisch nicht einfach ein Rezeptbuch oder eine kulturgeschichtliche Abhandlung geworden, sondern ein sinnliches und unterhaltsames Buch über Menschen und ihre Geschichte. Was man schon ahnte, wird zur Gewissheit: Der Hafächabis ist eine sehr persönliche Angelegenheit. Ein Ur-Rezept dazu gibt es nicht, jede Familie pflegt ihre eigene Tradition. Ob man Schweine- oder Schaffleisch nimmt, bestimmt nicht zuletzt die Landschaft: «Wenns gääch wird kommt Schöüffigs hinein», erfuhren die Autoren unter anderem auf ihrer kulinarischen Reise durch die Innerschweiz. Demzufolge dürften die traditionellen Einsiedler Varianten eher mit Schwiinigem zubereitet werden.

 

«Wenn du ihn gerne hast so, was willst du dann ändern?»

Einige der Köchinnen und Köche schwören ganz auf die Rezept-Traditionen ihrer Region, oder wie der Einsiedler Armin Ochsner, einer der Porträtierten, im Buch zitiert wird: «Wenn du ihn gerne hast so, was willst du dann noch ändern?» Andere probieren Neues wie die Altdorferin Yvonne Zürcher, die eine vegetarische Variante mit Tofu und Kastanien kreiert hat. Oder die gebürtige Somalierin Nadia von Büren, die den Hafächabis mit afrikanischen Gewürzen und Honig in ein überraschendes Fusion-Gericht verwandelt. Die Porträtierten der Region Einsiedeln sind Anni Birchler, Armin Ochsner, Therese Marty und Alex Kühn, der vor einem Jahr unverhofft verstorben ist. Die gut besuchte Buchvernissage zeigte, dass der Hafächabis die Menschen bewegt und berührt. Viele verbinden mit dem urtümlichen Eintopf Geschichten von früher, kochen ihn mit Liebe so, wie ihn schon die Grossmutter zubereitet hat. Das Autorenduo Marc Ochsner und Heinz Nauer und die Verlegerin Rachele De Caro haben dem unansehnlichsten aller Gerichte zu der Ehre verholfen, die ihm gebührt. Im Text verwendete Mundartausdrücke wie Schwiinigs, Gum(m)el oder Storz werden in einem Glossar erklärt. Geschichtliche Betrachtungen über die Hauptzutaten sowie viele stimmungsvolle Farbfotografien von Paolo De Caro run-den das sorgfältig und aufwendig gestalteten Buch ab. Wie es Brauch ist, wurde nach der Vernissage ein Apéro serviert. Statt Canapés und Häppchen gab es eine Portion Hafächabis nach Einsiedler Art mit magerer Schweinsschulter, Schweinsfüsschen und Lämpä. Das Buch «Hafächabis, Chabis und Schaffleisch, Chabishafä. Ein Urschweizer Kulturgut» des Verlags Edition De Caro ist bei der Buchhandlung Benziger und im Buchhandel erhältlich. 

 

Einsiedler Anzeiger / Gina Graber

Autor

Einsiedler Anzeiger

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Kategorie

  • Literatur

Publiziert am

17.10.2023

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