Literatur
Meinrad Lienerts musikalische Mundart
Zum Anlass des 150. Geburtstages von Meinrad Lienert lud der Fram-Club zu einem abwechslungsreichen Abend mit Oscar Sales Bingisser und Hans Hassler
Viele Interessierte fanden sich im Museum Fram ein, darunter auch einige der Nachkommen von Meinrad Lienert. Walter Kälin, Präsident des Fram-Clubs, erwähnte, dass man es rechtzeitig zum 150. Geburtstag des Einsiedler Dichters geschafft habe, die Gedenktafel an Meinrad Lienerts Geburtshaus «Adam und Eva», am heutigen Meinrad-Lienert-Platz, «aufzufrischen».
Eines der Hauptwerke im Zentrum
Dies sei zugleich das passende Stichwort für die laufende Ausstellung «Auf der Suche nach Meinrad Lienert» und ihre Begleitanlässe. Da das Andenken an Lienert in den letzten Jahrzehnten etwas vergilbt sei, könne eine Auffrischung nicht schaden. Am literarischen Abend vom Donnerstag ging es um eines der Hauptwerke des Einsiedler Dichters, «s Schwäbelpfyffli ». Zu Deutsch heisst dieses Instrument «Schwegelpfeife» und ist eine Art Querflöte aus Holz. Die Erstausgabe erschien 1906 unter dem Titel «s Juzlienis Schwäbelpfyffli», die neueste Ausgabe mit einem Kommentarband erschien 1992.
Die Musikalität der Mundart
Mit einer Auswahl von Gedichten zeigten Schauspieler Oscar Sales Bingisser und Akkordeonist Hans Hassler eine spezielle Verbindung von Wort und Musik am 150. Geburtstag des Dichters. Der Bündner Musiker startete mit mystischen Klängen auf seinem Akkordeon. Das Publikum wartete gespannt. Nach einer Weile setzte Bingisser seine Brille auf und las «s Marannlis Hochsigbett ». Die Musik wurde leiser, das Publikum lauschte angestrengt und mucksmäuschenstill. Das Wechselspiel zwischen der Melodie und dem gesprochenen Wort passte perfekt zusammen. Bingisser rief plötzlich aus: «D Häx, d Häx!» Zum Start des Sprechgesangs änderte die Stimmung im Saal von einer Sekunde auf die andere. Ohne Verschnaufpause ging es weiter mit den Gedichten, «Chum Maitli» und «s Fahrimaitli». Die Protagonisten heissen meist Marieli, Bethli, Ruthli oder Sepp. Nach einem weiteren musikalischen Intermezzo ertönte das «Nachtbuebeliedli » zum ersten Mal. Es ging laut zu und her, das Publikum fand es sehr unterhaltsam und Bingisser schrie voller Inbrunst: «Luschtig, luschtig!» Hassler begeisterte immer wieder mit seiner Virtuosität auf dem Akkordeon: Mal lautmalerisch, mal melodiös entlockte er seinem Instrument die ganze Bandbreite an Lautstärke und Tonumfang.
Themen sind noch aktuell
Auch wenn das «Schwäbelpfyffli» schon mehr als 100 Jahre alt ist, fühlten sich die Anwesenden oft an heutige Geschehnisse erinnert. Nach der Chilbi fragte der Dichter: «Häsch du mit mer tänzlet?» Lienert beschreibt Situationen und Gefühle, die es auch heute noch gibt. Beim Gedicht «Dr Bueberolli» waren zwar einige Verben interpretationsbedürftig. Die Lacher aus dem Publikum wurden jedoch umso zahlreicher, je länger die Rezitation dauerte. Gegen Ende wurde es immer lauter im Saal der Stiftung Kulturerbe Fram. Man soll «nöd ä so chybä», und die Haare der Protagonisten waren «schneechridäwys» und «füürzündbrandrot». In einer weiteren Version des «Nachtbuebeliedlis» bewies Hassler einmal mehr seine Fingerfertigkeit am Akkordeon. Mit dem melancholischen «Dr alt Gyger» wäre das Programm des Abends vorbei gewesen. Das Publikum entliess die zwei Künstler auf der Bühne jedoch nicht so schnell. Mit grossem Applaus wurden sie zurückgelockt, und sie gaben eine Zugabe. Walter Kälin ergriff erneut das Wort. Interessierte konnten das Buch «s Schwäbelpfyffli» aus dem Antiquariat erwerben oder eine CD mit Aufnahmen daraus aus den Neunzigerjahren. Darauf ist unter anderem der Männerchor Einsiedeln zu hören. Das Werk in drei Bänden ist zudem im Online-Archiv der Universität Toronto einzusehen. Im Nachgang an die lyrische und musikalische Darbietung waren die Anwesenden zu einem Apéro eingeladen, um den 150. Geburtstag des Dichters zu feiern.
Bote der Urschweiz (Patrizia Pfister)
Autor
Bote der Urschweiz
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