Musik
Ein Treffen mit dem Reggae-Messias
Fündig werde ich am Schnabelsberg. Es ist ein riesiges Haus mit einer grosszügigen Gartenanlage. «Hello», tönt es durch die Gegensprechanlage. «Hi, it’s me, Nicole.» Erschrocken über meine schweizerische Pünktlichkeit – wir haben Punkt acht abgemacht, es ist Punkt acht – betrete ich den Eingangsbereich. Volker Schaner erwartet mich. Er ist der Regisseur der Dokumentation über Lee Scratch Perry und deswegen ein langjähriger Begleiter. Mittlerweile gehört Volker Schaner zur Familie. In Pantoffeln schüttelt er mir die Hand und begleitet mich über einen roten Teppich die Treppe hinauf. Volker Schaner bittet mich, noch einige Minuten zu warten, man müsse noch was erledigen. In einer der oberen Etagen des Hauses herrscht Hektik: Der Facebook-Account von Lee Scratch Perry ist gehackt worden.
Die Ruhe selbst
Der Wintergarten ist die Ruhe pur dagegen. Er ähnelt der Masoala-Halle in Kleinformat. Acht Kanarienvögel zirpen um die Wette und hüpfen in ihrer Anlage von Ast zu Ast. Tropisches Grün ziert den hohen Raum bis in die allerletzten Winkel. Direkt unter dem Dachgebälk steht auf einer Anhöhe ein Bett: vermutlich, um liegend die Sterne zu bewundern. Aus jeder Ecke gucken mich Buddhas und Pharaonen an. Er komme gleich, sagt Volker Schaner. Nach einigen Minuten steht er vor mir: Lee Scratch Perry, der Mann, der den Reggae und Dub erfand. Der Mann, der den Reggaestar Bob Marley produzierte und auch dessen Lieder schrieb. Der Mann, den Tausende von Fans als Gott bezeichnen. Er steht da, in farbiger Kluft, mit einem schrillen Hut, knallorangenem Bart. «Nice to meet you.» Lee Scratch Perry nimmt neben mir auf einem der weissen Rattanstühle Platz. Ich will wissen, wieso es ihn nach Einsiedeln verschlagen hat. Er kichert, redet was von einem Vogel, der ausgeflogen sei.
In seinem Kosmos
Ich bin etwas verwirrt, versuche mein Interview fortzufahren. Lee Scratch Perry ist freundlich, beantwortet meine Fragen seelenruhig, wirklich verstehen beziehungsweise fassen kann ich die Antworten nicht. Er reimt, er macht Witze, er kichert. Und dann reimt er wieder. «Treasure.» «Plaesure.» Für ihn macht alles Sinn. Er spielt mit mir. Ganz klar. Mit seinen Gedanken, seinem Wortwitz. In seinem Kosmos. Nur habe ich den Schlüssel zu seinen kryptischen Worten noch nicht gefunden. Und das würde wohl Jahre andauern. Oder ich müsste zumindest Anhänger der Rastafari sein, deren Religion ich höchstens mal zu Teenie-Zeiten während dem Bob-Marley- Hören zu kennen gemeint habe. Die Religion bedeutet Lee Scratch Perry alles. Er lebt die Spiritualität. «Die Welt geht dem Ende entgegen», sagt er, «doch der Vogel hat keine Angst.» Er zeigt mir eine Coop-Tüte, auf welcher ein Comic-Vogel abgebildet ist. Er dreht die Tüte. «Und der Bär trinkt weiter.» Er lacht – und sagt: «Mach ein Foto von mir und dem Vogel.»
Kunst überall
Wir schreiten durch sein Atelier nach draussen. Überall steht und hängt Kunst. Lee Scratch Perry malt. Er klebt. Er installiert Sachen. Ein zerbrochener Spiegel stellt ein Flugzeug dar, an einem Baumstamm hängt er einen Hammer auf. Er betrachtet ihn zufrieden. Von hier aus sieht man über ganz Einsiedeln. Einige Luftmeter weiter, aber direkt gegenüber von seinem Haus, steht das Kloster Einsiedeln. Die Schwarze Madonna ist für ihn wichtig. «Mein Schatten ist schwarz, dein Schatten ist schwarz. Und dein Schatten ist dein Gott», sagt er dazu. «In meinem Zuhause kann ich die Schwarze Madonna spüren. Ich bin der Schwarze Padanna.» Er lächelt und stellt sich vor seine Kunst. «Mach ein Foto.» Er stellt sich vor sein Atelier. «Mach ein Foto.» Er ist zufrieden mit meiner Fotosession und verabschiedet sich ins Haus. Ich geselle mich noch zu Volker Schaner in den Wintergarten.
Jahrelang begleitet
Zehn Jahre lang hat er Lee Scratch Perry mit der Kamera begleitet. «Schon in jungen Jahren war ich ein grosser Fan von Lee», sagt er. Eines Tages hat er Lee Scratch Perry angefragt, um einen speziellen Dokumentarfilm über ihn zu drehen. «Dies war mein Traum», sagt Scha
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Bote der Urschweiz
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