Film
Ausbruchsversuche in einer geteilten Welt
Zwei Leben, zwei Welten, eine Schülerin. Mia Lynn Ruhstaller liebt das Zeichnen und hat deshalb als Maturaarbeit einen Animationsfilm gemacht. Der wird an den Schweizer Jugendfilmtagen gezeigt am 13. März.
Einfachheit ist die höchste Form der Vollendung.» Das sagte Leonardo da Vinci, man kennt das, er hat-te recht. Schwarz, weiss, grau, zwei Figuren, 1:29 Minuten, eine Geschichte, «Splitted». Der Name ist Programm, die Zeichnerin heisst Mia Lynn Ruhstaller, kommt aus Feusisberg und ist Schülerin an der KSA. Die Welt des Films besteht aus einer schwarzen und einer weissen Fläche, einer schwarzen und einer weissen Figur, gesprochen wird nicht. Es ist ein abstrakter Animationsfilm. Mit Botschaft. Das Werk wurde angenommen an den Schweizer Jugendfilmtagen, einem Festival, das alle Arten von Filmen zeigt. «In meiner Kategorie bin ich eine von wenigen, die einen animierten Film haben. Die anderen sind alle mit echten Menschen gefilmt.» Ihre Kategorie heisst C und meint 17- bis 19-jährige Kunstschaffende.
Immer Bild für Bild
«Splitted» entstand im Rahmen einer Maturaarbeit im Fach Bildnerisches Gestalten. Während der Arbeit an ihrem Projekt lernte sie jemanden kennen, der professionell Filme macht. «Sie hat mir vorgeschlagen, dass ich an dem Festival mitmachen soll. Also habe ich ‹Splitted› eingereicht und wurde angenommen.» Einen speziellen Bezug zum klassischen Film hat die 18-Jährige nicht. «Mir gefällt es einfach, selbstgezeichnete Bilder zusammenzufügen und daraus eine bewegte Animation zu machen.» Dafür zeichnete sie jede Bewegung einzeln, über 1000 Bilder. Frame-by-Frame. Wie in den Anfängen des Films. Eine Zeitreise in schwarz, weiss und grau. Alles gemalt auf dem Tablet. Die Einzelbilder wurden dann in einem Schnittprogramm zusammengefügt. Hinzu kommen Soundeffekte, rudimentäre Geräusche. Sie sorgen für das spezielle Flair.
Gefangen in Gegensätzen
«Es geht um zwei Figuren, eine weisse in der schwarzen Welt und eine schwarze in der weissen Welt.» Die Welten sind getrennt. «Die beiden versuchen immer wieder, zueinander zu kommen. Aber das System lässt das nicht zu. Weil eine weisse Figur kann ja nicht in der weissen Welt existieren. Man würde sie nicht mehr sehen. » Zwar können sie die Trennwand verschieben, aber sie kommen nicht durch. Die Lösung? «Irgendwann schaffen sie es, in der Trennung einen grauen Abschnitt zu erschaffen, in dem beide existieren können. Dann sind sie vereint. Happy End. Und fertig.» Ruhstallers Vorgehen war systematisch. So wie es sich für eine Maturaarbeit gehört. «Nach der Ideenfindung habe ich mehrere Storyboards gemacht, um eine Idee zu bekommen, wie ich das animieren würde.» Dann hat sie sich überlegt, in welche Rich-tung der Film gehen könnte. Vielleicht doch den gemeinsamen Bereich farbig gestalten? Sie entschied sich für Grau. «Weil ich es schöner fand.» Der Film kann sich sehen lassen – im wahrsten Sinne des Wortes. Kein Wunder, wurde ihre Maturaarbeit prämiert.
Zeichnen als Leidenschaft
Mia Lynn Ruhstaller bringt alles Mögliche zu Papier. Am liebsten in ihrem Sketchbook. «Ich probiere gerne verschiedene Sachen aus, unterschiedliche Materialien.» Die Schülerin zeichnet, seit sie klein ist. Begabung? Talent? Übung? «Ich habe viel gezeichnet und dadurch schon die Übung. Dadurch wird man besser. Es ist eine Kombination aus Übung und Talent.» Sie nimmt das Handy und scrollt durch ein paar Fotos ihrer Werke. Was ins Auge springt: Vielfalt. Sie zeichnet auf Papier, Karton und dem Tablet. Sie verwendet Fineliner, Bleistift, Acrylfarben, Kugelschreiber, arbeitet analog und digital. «Da habe ich die Programme entdeckt, mit denen man Animationen erstellen kann. So entstand die Idee, einen Film zu machen.»
Pause und Architektur
Und weil Kunst neben Talent und Übung auch Musse braucht, plant Ruhstaller nach der Matura ein Zwischenjahr. Sie möchte sich Zeit nehmen. Für sich. Und für eine Fortsetzung von «Splitted»? «Ich habe darüber nachgedacht. Ich hatte die Idee nochmals einen Kurzfilm zu machen. Auch eine Weiterführung. Aber weil ich dann auch gerne wieder bei Festivals mitmachen würde, kann ich nicht einfach einen zweiten Teil machen. » Also wohl eher etwas Neues, einen ganz anderen Film. «Ich mag Abwechslung, vielleicht etwas Farbiges, vielleicht ein ganz anderer Stil.» Ausserdem möchte Ruhstaller ein Praktikum in einem Architekturbüro machen. Sie würde gerne Architektur studieren. «Weil ich Mathematik und Zeichnen mag.» Architektur also. An der ETH. Oder doch Film? «Animation ist noch nicht ganz ausgeschlossen. Ich überlege mir das noch.» An der HSLU in Luzern gibt es einen Studiengang Animation. «Ich würde das in Erwägung ziehen, vielleicht wenn ich feststellen sollte, dass mir Architektur so gar nicht liegt.» Filme mit echten Menschen hat sie übrigens noch nie gemacht. Ist auch nicht ihre Priorität. «Ich zeichne lieber. Für mich ist das Zeichnen das Coole am Filmemachen.»
Höfner Volksblatt und March-Anzeiger / Michel Wassner
Autor
Höfner Volksblatt & March Anzeiger
Kontakt
Kategorie
- Film
Publiziert am
Webcode
www.schwyzkultur.ch/xAPrpQ