Bühne
«Was willst du einmal werden?»
Das diesjährige Theater am Gymnasium begeisterte die Besucherinnen und Besucher.
So ein schickes Bühnenbild hat das Gymnasium Immensee noch selten gesehen. Ein grosses Wohnzimmer, elegantes Sofa, USM Haller Sideboard und teure Lampen. Es ist die gute Stube von Anna und Johann. Das junge Paar hat und gibt sich Mühe mit der Erziehung seines Sohnes Otto. So will es nämlich Martin Heckmanns in seinem Stück «Vater, Mutter, Geisterbahn», das 2011 uraufgeführt wurde und nun von der Theatergruppe des Gymnasiums Immensee gespielt wird. Heckmanns’ kurze, sehr pointierte Szenen zum Thema Erziehungsalltag spiegeln den ganz normalen Wahnsinn, dem wir täglich begegnen, egal, ob wir Kind sind oder Eltern oder Lehrer. Die Texte und Szenen der Theatergruppe des Gymnasiums sind aktueller denn je. Und die jugendlichen Darstellerinnen und Darsteller spielen, dass es eine Freude ist. Sie erzählen, persiflieren, spotten, singen und spielen und lassen uns durch ihren Schalk und ihre Ernsthaftigkeit nachdenklich werden.
Publikum erhält eine Diagnose
Der Abend beginnt mit einem Test. Erst wird das Publikum befragt und diagnostiziert. Denn, so erklären die spielfreudigen Gymnasiasten, in der heutigen Zeit sei es wichtig, früh genug abgeklärt zu werden. Nur kann das sein, dass dieser Test echt ist, oder ist das schon eine Satire? Nein, die Fragen sind seriös und stammen von der deutschen ADHS-Spezialistin Cordula Neuhaus. Und trotzdem sitzt man im Publikum und fragt sich, ob das ernst gemeint sein kann. Denn am Ende des Testes ist wirklich der ganzen Saal mit der Diagnose ADHS versehen: Heiterkeit breitet sich aus im Publikum. Wenn dann der herrlich schräg gespielte Kinder- und Jugendpsychologe Dr. Armin Berger Kommentare und Erziehungstipps abgibt, dann ist allen im Saal klar: Hier wird niemand verschont, hier wird sehr kritisch mit dem Thema Erziehung umgegangen. Hier erzählen Jugendliche, wie es ihnen ergeht und was sie 2014 beschäftigt.
Eigene Texte eingebaut
Und genau das ist das Unterhaltsame und Grossartige an diesem Theaterabend. Heckmanns’ klug gebautes Stück wird aufgepeppt und ergänzt mit Texten, die von den Mitgliedern des Gymitheaters stammen, sie erzählen authentisch und berührend von ihrem Alltag, ihren Ängsten und Nöten. Das ist ganz ernst und sehr, sehr lustig, was die exzellente Theatergruppe da bietet. Ob es um Leistungsdruck, Notenstress, Mobbing, Social Freezing, Nachhilfeunterricht, Zukunftsfantasien oder Ritalin geht, die Themen sind hochaktuell und werden sehr professionell umgesetzt. Einmal mehr ist es Regisseurin Bettina Dieterle gelungen, Gymitheater auf höchstem Niveau zu präsentieren. Das Ensemble überzeugt mit Präzision, Spielfreude und einer Präsenz, die immer wieder erstaunt. Die Szenen kommen leicht und authentisch daher, und man spürt, hier wird der jungeMensch ernst genommen und ihm eine Chance geboten, sich auszudrücken und sich zu reflektieren. Ein Genuss auch für die Schülerinnen und Schüler, das merkt man den anwesenden Klassenkameraden der Protagonisten an. Und nicht zuletzt ist es ein lehrreiches und freches Stück für die Erwachsenen.
Hinweis
«Vater, Mutter, Geisterbahn oder das Projekt Kind» wird noch gespielt am Donnerstag, 13. November, Freitag, 14. November, jeweils um 20.00 Uhr und am Samstag, 15. November, um 17.00 Uhr.
Bote der Urschweiz
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Bote der Urschweiz
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- Bühne
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