Musik
Klavierminiaturen – Preziosen mit Nachhaltigkeit
Der Klavierabend von Pianist Attilio Wichert im Schlossturm Pfäffikon wurde zum beglückend einmaligen und so nicht wiederholbaren musikalischen Ereignis.
Franziska Schuler begrüsste die Teilnehmenden im wohltuend intimen Raum des Schlossturms, der, zusammen mit Pausen, Übergängen und Stille, mit der Dramaturgie dieses einzigartigen Klavierabends korrespondierte. Der Spannungsaufbau geriet, auch mittels Gegensätzlichkeit der Kompositionen perfekt, man spürte gebannte Ruhe. Mit diesem sonntäglich stimmenden Klavier-Rezital hat sich der bald 80-jährige Pianist Attilio Wichert, der lange Jahre als Musikpädagoge an der KSA wirkte, eine mental und physisch unerhörte Anstrengung zugemutet, hin bis zu der jeweiligen Komposition entsprechenden pianistischen Gestik. Der gebürtige Altendörfler, der nach Jahren reger Konzerttätigkeit in Deutschland heute in Rapperswil lebt, hat mit diesem Klavierabend auf heimischem Terrain die sich selbst gestellte Hürde bravourös genommen, ja, grosszügig noch Zugaben gegeben. Der Beifall war stark und verdient: Musik fernab jeglicher Routine, ganz dem Augenblick verpflichtet, unwiederholbar – und darum so kostbar.
Von Beethoven über Satie und Schubert …
Ludwig van Beethovens sechs «Bagatellen» waren alles andere als Kleinigkeiten, ergo schon eingangs Perfektion: in knappen Sätzen wechselnd das Dramatische wie das Lyrische, Letzteres eher vorherrschend. Erik Saties (1866–1925) «Gymnopédie » mag für viele überraschend gewesen sein, kurz, klar, eher Fragment, aber weit mehr als Hintergrundmusik. Pianist Wichert ist dafür bekannt, dass er in Konzerten immer auch moderne bis zeitgenössische Komponisten zu Ton kommen lässt. Nach Stille dann Franz Schuberts «Impromptu f-Moll 142/1, D935» – da blieben wohl keine Wünsche offen, was für eine Musik des Frühvollendeten, der sich zweifelnd stets im Schatten des grossen Tonarchitekten Beethoven wähnte. Die sanft melancholische Unterlage, die zutiefst romantische Trauer um ein verlorenes Paradies, emotionale Klänge, die nach Vertrauen im kleinen Kreis rufen; sie wirkten nach während der Pause.
… zu Leoš Janáček, Arvo Pärt und Frédéric Chopin
Der mährische Komponist Leoš Janáček ist seit Jahren fester Bestandteil in Attilio Wicherts breitem Repertoire und hat viele Anhänger gewonnen. Sein Spätwerk «Im Nebel» ist mit den vier Sätzen meisterhafte Tonsprache und rührt unüberhörbar an das menschlich Existenzielle, weit weg von jeglicher impressionistischen Landschaftsmalerei. Viel mehr ist dieses Klavierwerk ein Geständnis möglicher emotionalen Höhen und vor allem Tiefen: Verlust, Trauer, Isolation, Zweifel und Verzweiflung. Niemand kann da «cool» bleiben. Des Esten Arvo Pärts Kleinod «Für Alina» kam da gerade richtig, Tonmalerei vom Feinsten, Vorstufe zu Meditation. Frédéric Chopin, schon der Name ist für viele Musikfreunde ein Versprechen … Und es wurde eingelöst mit den «Préludes, op. 28»: die ewige Sehnsucht des kränkelnden Polen nach polnischer Erde, die Wirren in der Beziehung zur wilden Dichterin George Sand, die Kompositionskraft in der pittoresken Kartause auf Mallorca. Alles ist in dieser Musik hörbar. Vorspiele sind diese «Préludes, op. 28» mitnichten: Sie stehen samt und sonders für sich selbst, sind Werke. In Chopins feinsinniger, emotional facettenreicher Ausdrucksweise begegnen sich sehr wohl Extreme: das Intime und Poetische, das Erotische und das Heroische.
Höfner Volksblatt und March-Anzeiger / Betty Peter
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- Musik
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