Dies & Das
Die Neugier für das Naheliegende erhalten
Mit dem Rücktritt ihres prägenden Langzeit-Präsidenten begann am Samstagabend ein neues Kapitel in der fünfzigjährigen Geschichte der Joachim-Raff-Gesellschaft – mit einem Hybrid aus Generalversammlung, Klavierrezital und Gastvortrag.
Im Jahr 1972 wurde die Joachim-Raff-Gesellschaft im Rahmen von Jubiläumsfeierlichkeiten dieses zeitweilig weitgehend in Vergessenheit geratenen Lachner Komponisten gegründet. Von der ersten Stunde an mit dabei: Res Marty, Sohn des Initianten. Als sein Vater bereits im Folgejahr aus gesundheitlichen Gründen die Leitung abgeben musste, liess er sich als «Zugpferd» einspannen. Abgesehen von einem beruflich bedingten Intermezzo in den Nuller-Jahren lenkte und leitete er seither die Geschicke des Kulturvereins mit enormem Einsatz und Elan, wie der Vize-Präsident des Vereins, Franz-Xaver Risi, in seiner Laudatio ausführte und einige Meilensteine der letzten gut 15 Jahre aufzählte: Die Lachner Raff-Ausstellung (2012), die Publikation der Raff-Biografie (2014), die Eröffnung des Joachim-Raff-Archivs (2018) und das vielseitige Jubiläumsjahr (2022). Vor der stürmischen Abendkulisse über dem Zürichsee endete diese Ära im «Marina» unter Standing Ovations mit der Beförderung vom «Zugpferd» zum Ehrenpräsidenten.
Umstellungen im Vorstand
Res Martys Rücktritt als Präsident – als Vorstandsmitglied für «Spezialfragen» bleibt er dem Verein jedoch erhalten – war nicht der einzige personelle Wechsel, der an der GV vollzogen wurde: Gabriel Schwyter und das Ehepaar Franziska und Lion Gallusser wurden verabschiedet. An ihre Stelle traten Roland A. Müller, Direktor des Schweizerischen Arbeitgeberverbands, der als neuer, musikaffiner Präsident amtet, seine Frau Kata-lin Müller-Waagthaler, Leiterin der Kunst- und Musikschule Lachen- Altendorf, und die Heilpädagogin, Unternehmerin und Musikerin Petra Kölbli. Yvonne Götte, die als Kuratorin und Geschäftsführerin seit Jahren wertvollste Arbeit für den Verein leistet, komplettiert den neuen Vorstand ideal. Die in Ausserschwyz bestens bekannte Pianistin Eleonora Em umrahmte den Abend mit einem nachdenklichen Brahms-Intermezzo, Raffs spritzigem Capriccio op. 64 und George Gershwins spektakulärer «Rhapsody in Blue». Stücke von Theodor Fröhlich und Johann Carl Eschmann, Schweizer Komponisten, die eine ähnliche Renaissance wie Raff verdienen würden, verliehen dem Gastdozenten Atempausen. Unter dem Titel «Raff, Radio, Rappenspalter» blickte der vielseitige, hauptberuflich als Redaktor bei SRF2 wirkende Musikwissenschaftler David Schwarb ebenso geistreich wie unterhaltsam tief in die «Schatztruhe» der Schweizer Musikgeschichte des 19. und frühen 20. Jahrhunderts, die viel zu lange als Mottenkiste abgetan wurde.
Die vier grossen «Zu»
Mit gesunder Selbstkritik beleuchtete er die Rolle des Radios, das unter Sparzwang ächze und vom Leit- zum Begleitmedium degradiert werde, bei der Ausgrabung dieses Kulturguts. Ein utopischer Blick in die Zukunft, in der «sein» Medium immerhin eine Begleitrolle spielen könnte, rundete den Abend ab. Dafür erachtet er vier grosse «Zu» als wesentlich, die auch die Arbeit der JRG prägen: «zugänglich machen», «zusammensetzen », «zusammenführen» und «Zugpferde suchen». Während im vierten Punkt mit der Bestellung der neuen Vorstandsmitglieder Erfolge verbucht werden konnten, geht die Arbeit in den drei anderen Bereichen unvermindert weiter – die Fussstapfen sind gross.
Einsiedler Anzeiger / mitg.
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