Literatur
Über die Heiterkeit des Lebens und die Melancholie
Die Schauspiel-Legende Hanspeter Müller-Drossaart aus der Zentralschweiz bringt die Anwesenden zum Staunen und Lachen. Ein aussergewöhnlicher Lese- und Hörspass im Spiel- und Läselade in Lachen.
Am Montagabend durfte Franz Xaver Risi, Kulturbeauftragter des Kantons Schwyz, den zahlreichen Zuhörerinnen und Zuhörern den bekannten Schweizer Schauspieler und Autor Hanspeter Müller-Drossaart vorstellen, die zurzeit wohl bekannteste Stimme der Schweizer Mundart-Lyrik. Begleitet vom Musiker Peter Gisler (Kontrabass, Schwyzerörgeli und Langnauerli) las Hanspeter Müller-Drossaart Passagen aus seinem neuesten Buch «Hiäsigs».
Alltägliches und Vertrautes
In diesem Buch vereinen sich Prosa-Erzählungen, Sinnsprüche, Aphorismen und lyrische Texte in Obwaldner Mundart, Urner Dialekt und Hochdeutsch zusammen zu einer vielseitigen literarischen Mixtur. Hanspeter Müller-Drossaart spiegelt in verdichteter Sprache das alltägliche menschliche Nebeneinander von Melancholie und aufmunternden Glücksmomenten. In seiner vergnüglichen Lesung tat er das mit humorvollen Ernsthaftigkeit und unnachahmlicher Mimik und Gestik. Der Begriff «hiäsigs» bezeichnet die heimatliche und geografisch-landschaftliche Verortung von Menschen und ihren Lebensweisen und ist nach «gredi üüfe» und «zittrigi fäkke» der dritte Lyrikband, nach Obwaldner- und Urnerdialekt nun ein Buch mit drei verschiedenen Idiomen.
Gebürtiger Obwaldner
Hanspeter Müller-Drossaart, gebürtiger Obwaldner und aufgewachsen in Uri, ist durch seine markanten Auftritte in TV- und Film-Produktionen (Lüthi & Blanc, Grounding, Die Herbstzeitlosen, Wilder, Sternenberg etc.) sowie durch seine Tätigkeit als Vorleser und Hörspielsprecher bei Radio und Fernsehen einer grösseren Öffentlichkeit bekannt. Mit dem Musical «Dällenbach Kari» der Thunerseespiele feierte Müller-Drossaart in der Titelrolle grosse Erfolge. Auch ist er regelmässig in der TV-Reihe «Bozen-Krimi» zu sehen. 2024 wurde ihm der Innerschweizer Kulturpreis zugesprochen.
Tiefsinnig und heiter
Seine Vielseitigkeit im Umgang mit Sprachen bewies Müller-Drossaart bereits mit seinem ersten Text, in breitestem «Bärner-Dütsch» erzählte er Pedro Lenz’ Geschichte von zwei Spiezern, die nach Paris reisen und in einem noblen Restaurant Spiezer Wein bestellen, der als säuerlich gilt. Den kennt man natürlich dort nicht, denn beiden wird Essig serviert, ihre Reaktion darauf: «Mit dem Wein ist es wie mit dem Schweizer Käse, den besten bekommt man immer im Ausland». Nachstehend noch zwei weitere Textpassagen aus dem neuen Buch, die unter anderen an diesem Abend so viel Hörspass bereiteten: Litera-Türen öffnen zu neuen Begegnungen: «Hedwig Tell streitet mit Kim de l’Horizon. Goethe bedrängt Anne Bäbi Jowäger. Thomas Mann lehnt sich an Beckett. Virginia Woolf flüstert mit Donna Leon. Shakespeare fällt in Prousts verlorene Zeit. Don Calderon beklagt sich bei Lukas Bärfuss. Grosses Welttheater im Büchergestell.» Oder: Einladung eines Volkstheaters mit folgendem Text: «Verliebte Rindviecher! Jetzt vorbestellen! Im Anschluss Tanz! Das sollen sie auch noch übernehmen? Ihr Methan-Rülpsen wird misstrauisch beäugt, ihre Verdauungssäfte stehen rot auf dem Umweltverträglichkeits- Index, der weisse Drüsensaft sei zu produktionsaufwendig, aus den Büschen zwinkert die vegane Konkurrenz, und jetzt sollen sie auch noch den amourösen Overload der Menschen spiegeln? Das lässt sich auch mit wiederholtem Kauen nur schwer verdauen!» Fazit: Lese- und Hörspass mit Tiefgang.
Höfner Volksblatt und March-Anzeiger / Paul A. Good
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