Hans Ruedi Fricker aus dem Appenzellerland stellt im Vögele Kultur Zentrum Schilder aus. Bild Christina Teuber
Hans Ruedi Fricker aus dem Appenzellerland stellt im Vögele Kultur Zentrum Schilder aus. Bild Christina Teuber

Dies & Das

Von Schildern und Bildern

Im Vögele Kultur Zentrum bot sich am Sonntag die Möglichkeit, zwei Künstler zu ihren Werken, die in der Ausstellung «Abenteuer Bildung» präsentiert wurden, zu befragen und mit ihnen zu diskutieren. Die Interessierten kamen mit einem Rucksack voller Fragen. Und gingen mit einem genauso schweren wieder nach Hause.

«Liebe Besucherinnen und Besucher. Sie haben nun die Möglichkeit, sich zwei ausgestellte Werke von deren Künstlern erklären zu lassen und ihnen danach Fragen zu stellen. Interessierte begeben sich bitte zum Eingang.» Dieser Satz durch-brach die Stille imVögele Kultur Zentrum am frühen Nachmittag. Die Ausstellung «Abenteuer Bildung» wurde nur von ein paar wenigen Besuchern bevölkert.Verständlich, denn zur gleichen Zeit lief auch der Final des Australian Open, in dem Stanislas Wawrinka auf dem Weg zu seinem ersten Grand-Slam-Titel war.

Dennoch fand sich eine kleine Gruppe am Eingang des Kultur Zentrums zusammen und wartete neugierig auf die beiden Künstler. Die Idee war folgende: Die Künstler erzählen kurz etwas über ihr Leben, dann beantworten sie den Zuhörern Fragen oder nehmen Meinungen und Anregungen entgegen. Soweit die Theorie.

Schilder statt Bilder

Hans Ruedi Fricker, ein Mail-Art-Künstler aus Appenzell, hatte schon in jungen Jahren Freude daran, seine Bilder in der Öffentlichkeit auszustellen. Anfänglich nutzte er die Fotokopie, um beispielsweise in der Stadt St. Gallen Wege mit Porträts von sich selbst zu «verzieren». In den 1980er-Jahren fand er sich dann in der Mail-Art-Szene (Kunst, die per Post verschickt wird) wieder. Er traf Mail-Art-Künstler aus der ganzen Welt und pflegte zu einigen auch Kontakte. Sie gaben ihm die Idee, mit Schildern (statt bis anhin mit Bildern) zu arbeiten. Ab 1990 gestaltete Fricker vermehrt Schilder mit der Formel «Ort der …» (Ort der Ruhe, Ort der Frau …). Sein ausgestelltes Werk im Kultur Zentrum ist eine Sammlung solcher Schilder, alle mit unterschiedlichen Farben, aber in gleicher Grösse. «Die Farben haben keine Bedeutung, ich lose sie jeweils aus», meinte er schmunzelnd.

Gefühle ausdrücken

Seine Beweggründe, die Schilder im öffentlichen Raum aufzuhängen, sind vielseitig. Er habe schon immer Interesse an der Wahrnehmung der Welt gehabt, sich äussern und mitteilen zu können sei ihm ebenfalls immer sehr wichtig gewesen. Schilder seien da keine schlechte Möglichkeit. Erreichen will Fricker damit, dass die Leute Begriffe wieWut oder Freude an gewissen Orten bewusst wahrnehmen und sich mit diesen auseinandersetzen, darüber nachdenken. Oft habe er schon die Rückmeldung bekommen, er wecke Erinnerungen oder Gefühle mit seinen Schildern.

Brockhaus wirbelt Fragen auf

«Ich habe leider nicht so viel an Lebensjahren zu bieten wie mein werter Kollege», begann Adrian Sauer seine kleine Präsentation. In Berlin geboren und aufgewachsen, zog es ihn schon in jungen Jahren nach Leipzig, wo er an der Universität Fotografie studierte. Es sei eine Zeit der Veränderung gewesen, erinnert er sich. «AmAnfang des Studiums gab es weit und breit keinen Scanner, und gegen Ende war es dann nicht einmal mehr möglich, eine Filmrolle entwickeln zu lassen», erzählte er den Zuhörern. Ein ähnliches Schicksal wie die Filmrolle hatte auch der Brockhaus, von dem Adrian Sauer in seinem Werk 30 Hüllen auf grauem Hintergrund abfotografiert hat. Dessen Produktion wurde letztes Jahr eingestellt. Man spekuliert, dass Wikipedia die schweren Bücher abgelöst hat. Und genau diese Spekulation regte zu Fragen und Anmerkungen in der kleinen Runde an: Wie gut ist das Wissen im Internet wirklich?Verliert Wissen an Relevanz? Hat das Materielle (Brockhaus) heute weniger Wert als das Virtuelle (Wikipedia)?

Virtuelles contra Materielles

Die Diskussion war lanciert. Adrian Sauer versuchte in Bezug auf sein Werk plausibleAntworten auf die Fragen zu finden. Aber man merkte schnell, dass es nicht gerade einfach war, Kunst in Worte zu fassen. Am Ende ging keiner der Teilnehmer leer aus. Der zuvor (mit Fragen) gut gefüllte Rucksack war am Ende der Präsentation trotz vieler beantworteter Fragen nicht leer. Die Künstler hatten ihn eigenständig mit neuen Fragen gefüllt.

Höfner Volksblatt und March-Anzeiger

Autor

Höfner Volksblatt & March Anzeiger

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  • Dies & Das

Publiziert am

28.01.2014

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www.schwyzkultur.ch/rJsZqJ