Brauchtum / Feste

Der Ursprung der Kantonskilbi

Im Jahre 1779 entschied die Landsgemeinde mit Zustimmung des Bischofs, alle Kirchweihfeste im Stande Schwyz an einem Tag durchzuführen. Der offizielle Termin der «Kantonskilbi» ist bis heute der zweite Sonntag im Oktober.

Vor allem der älteren Generation ist die «Kantonskilbi» als Begriff noch geläufig, doch nur wenige kennen wohl die Gründe, die vor genau 230 Jahren zum Entscheid an der Landsgemeinde führten, im Stande Schwyz alle Kirchweihfeste am gleichen Tag durchzuführen. Hinweise dazu gibt uns der Schwyzer Frühmesser Augustin Schibig (1766–1843) in seinem Werk «Historisches über den Kanton Schwyz».

Kirchweihfest und Erntedank

Noch bis Mitte des 20. Jahrhunderts beeinflusste der bäuerliche Alltag den Kalender markant und setzte mit kirchlichen und weltlichen Festen und Bräuchen eigentliche Schwerpunkte. Dazu zählte zwischen August und Oktober auch die «Chilbi», die Erinnerung an die Weihe einer Kirche oder Kapelle. Dabei erhielten Kirchweihfest und Kilbi gleichzeitig den Sinn und Charakter eines Erntedankfestes, ähnlich der Älpler- und Sennenkilbenen, dazu in der Regel verbunden mit einem Markt. Vielzahl, Buntheit und Originalität der Kilbenen und Märkte belegen, dass sich das Land Schwyz auch in diesem Bereich schon immer sehr festfreudig zeigte – etwa nach dem alten deutschen Sprichwort: «Wo Gott eine Kirche hat, will der Teufel eine Kapelle haben …».

Überbordende Festfreude

Wie Frühmesser Schibig berichtet, wurden die Kilbenen zu seiner Zeit, das heisst im 18. Jahrhundert, nicht nur im Gotteshaus, «sondern auch in den Häusern durch bessere Kost gefeyert» und «durch Tanzen und Schwelgereyen so missbraucht, dass auf Vorstellung der hochwürdigen Geistlichkeit die Landsgemeinde den Wunsch aussprach, es möchten alle Kilbenen auf einen und denselbenTag gefeyert werden.» In Abweichung der Gepflogenheit, die Kilbi am Weihetag des Gotteshauses oder am Namensfest des Kirchpatrons zu feiern, gab der Bischof dazu seine Zustimmung. So war einmal mehr die überbordende Festfreude – vergleichbar mit den Masslosigkeiten an der Fasnacht oder beim Greiflet – der Grund für gesetzliche Einschränkungen der Festivitäten.

Verordnete Kantonskilbi

Tatsächlich entschied die Landsgemeinde am 2. Mai 1779, alle Kirchweihfeste im Stand Schwyz an einem Tag durchzuführen. Der Beschuss wurde an der Landsgmeinde vom 27. April 1783 sogar bestätigt, obwohl einige Landleute gefordert hatten, die frühere Regelung wieder einzuführen. Der Termin der «Kantonskilbi» am zweiten Sonntag im Oktober gilt bis heute als «offiziell» und damit als verbindlich. Nur feiert inzwischen die Mehrheit der Dörfer und Quartiere ihre Kilbi (wieder) ohne Terminzwang. An das alte Datum der «Kantonskilbi » halten sich gerade noch Alpthal, Altendorf, Feusisberg, Küssnacht, Reichenburg, Schübelbach, Schwyz, Tuggen, Wangen und Wollerau.

Kirchweihfest als Volksvergnügen

Dass vor rund 200 Jahren das grosse Volksvergnügen und der verordnete Kilbitermin nichts Aussergewöhnliches darstellten, zeigt ein Blick nach Süddeutschland oder Bayern. Wie so oft im Bereich von Fest und Brauchtum, sind Parallelen geradezu augenfällig: Auch hier gehörte zum Kirchweihfest ein «ausgelassenes Volksfest » mit Tanz und Jahrmarkt, und zwar über Wochen nacheinander in jedem Kirchenspiel – von Sonntag nach dem Gottesdienst bis teils am Dienstag. Dabei besuchten sich die Verwandten gegenseitig und bewirteten sich reichlich. Da manche Burschen nur noch von Fest zu Fest zogen und nicht mehr arbeiteten, wollte man das ausgelassene Treiben einzuschränken. Deshalb wurde im 19. Jahrhundert, also etwas später als im Lande Schwyz, in einigen Regionen der Tag der Kirchweih auf ein festes Wochenende im Herbst gelegt. Bayern bestimmte beispielsweise den dritten Sonntag im Oktober… die Schwyzer den zweiten Sonntag!

Kilbenen und Märkte

Nur noch zehn Ortschaften im Kanton Schwyz halten sich zurzeit an den «offiziellen» Termin und das alte Datum der «Kantonskilbi », darunter der Kantonshauptort. Umso bunter und unverwechselbarer sind kantonsweit die Namen der Kilbenen und Märkte geblieben: Schwyzer Chlosterchilbi, Steiner Chilbi, Gersauer Schützenchilbi, Moscht-Chilbi Lauerz, Chäppeli-Chilbi Brunnen oder die einstige Feckerchilbi in

Autor

Bote der Urschweiz

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Kategorie

  • Brauchtum / Feste

Publiziert am

09.10.2009

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