Literatur
Die «innere Prinzessin» fiel einmal kurz vom «Barbie-Ross»
Die Bestsellerautorin Blanca Imboden war zwei Wochen krank. Zum Arzt durfte sie nicht. Deshalb weiss sie auch nicht, ob sie das Coronavirus erwischte. Wie die Mitarbeiterin des Wörterseh-Verlags in Lachen diese Situation erlebte, schreibt sie in ihrem Bericht aus der Selbstisolation auf bluewin.ch.
Blanca Imboden, die bekannte Schwyzer Autorin – sie hat bereits 17 Bücher und zahlreiche Kolumnen geschrieben – war vor Kurzem während zweier Wochen krank. Sie weiss bis heute nicht, ob sie sich mit dem Coronavirus infiziert hat oder nicht. Von dieser Zeit, als bei ihr eine gewisse Unsicherheit herrschte, berichtete sie auf bluewin.ch. Trotz ihrer Lage sei ihr immer durchaus bewusst gewesen, dass andere in dieser schweren Zeit viel schlimmere und verheerendere Probleme haben und möchte sich aufgrund ihrer Situation nicht beklagen. Vielen wird es in der jetzigen Zeit wohl wie der Autorin ergehen. Am Sonntag, 1. März, war Imboden zu Besuch in einer Operette. «Ich war gesund, fröstelte bloss ein wenig, was mich erstaunte», schreibt sie in ihrem Bericht aus der Selbstisolation auf bluewin.ch. In der Nacht verschlimmerte sich ihr Zustand. Sie hatte 38,8 Grad Fieber und einen leichten, trockenen Husten. Die erste Frage, die sie sich natürlich stellte: Corona? Am Montag rief sie ihren Hausarzt an und wollte sich auf das Coronavirus testen lassen. «Kommen Sie ja nicht vorbei!», hiess es da abwehrend. Einen Test könne sie nicht machen lassen, weil sie nicht zur Risikogruppe gehöre. Sie warf ein, dass ihr Partner zur Risikogruppe gehöre. Doch keine Chance. Sie solle zu Hause bleiben und habe sicherlich noch irgendwelche Medikamente da.
Auf der «Durchseucher»-Liste
Nie hätte sie gedacht, dass sie die Verweigerung eines Arzttermins dermassen erschüttern könnte. Wie soll sie jetzt mit ihrem Partner umgehen? Am Mittwoch seien dann ihre Augen entzündet gewesen. Nach Selbstquarantäne und Selbstmedikation dann ihre Selbstdiagnose: Bindehautentzündung (laut BAG eine der möglichen Nebenerscheinungen des Coronavirus). Sie rief wieder ihren Arzt an. «Kommen Sie ja nicht vorbei!», hiess es erneut. Man werde ihr ein Medikament in einen Kasten neben der Eingangstüre legen, wo sie es dann abholen könne. «Man fragte mich immer nach Atembeschwerden. Dann müsste ich sofort wieder anrufen. Und ich sei auf der Liste mit all den anderen, die sich daheim «durchseuchen» würden. «Ich war auf der ‹Durchseucher-Liste›! Das fühlte sich gut an. Beruhigend», schreibt die Autorin. Immer wieder schaute sich Blanca Imboden Corona-Berichterstattungen im TV an und sah dort die Zahlen der Infizierten. Die Zahlen müssten ja extrem daneben sein, wenn man die meisten Leute gar nicht teste, kam sie zum Schluss. Ihr Fieber kam und ging und der Husten veränderte sich. Über 14 Tage ist sie krank gewesen. Jetzt geht es ihr wieder gut. «Schön, wenn man wirklich Zeit hat, sich auszukurieren. Was ist mit meinen Liebsten? Ich hoffe, sie bleiben alle gesund, ich kann sie nicht beschützen.»
Berufliche Sorgen
Auch beruflich macht sich Imboden Gedanken. Alle Lesungen sind annulliert. Tausende von Franken hat sie verloren. Lesungen sind ein grosser Teil ihrer Einnahmen. «Im Verlag, in dem ich Teilzeit arbeite, gibt es zurzeit auch keine Arbeit für mich. Die Story meines Romans, den ich angefangen habe, erhängt sich gerade selber am Lauf der Geschichte und muss eine Weile ruhen.» Imbodens neues Buch «Kopfkino» sollte eigentlich am 4. Mai erscheinen. Die Buchveröffentlichung wurde auf den Herbst verschoben, meint sie weiter. «Aber der Staat verteilt ja Geld. Auch für Selbstständige wie mich. Diese Corona-Krise wird an niemandem spurlos vorbeigehen.» Und sie folgert: «Wir lernen gerade, dass nichts selbstverständlich ist.»
Aus dem Gleichgewicht gefallen
Die Tatsache, wie schnell sich alles verändert habe, brachte Imboden etwas aus dem Gleichgewicht. Sie möchte planen können, brauche Sicherheit. Ihre verwöhnte «innere Prinzessin» sei einmal kurz vom «Barbie-Ross» gefallen. Wenige denken über gar nichts nach, sie hätten keine Zeit für Sorgen, weil sie sich mit Hamstereinkäufen beschäftigen und damit, ihre Reserven an WC-Papier für die nächsten zehn Jahre aufzustocken. «Reine Beschäftigungstherapie. Plumpe Ablenkungsmanöver. Das geht auch anders: Ich glaube, ich fange an, die Fenster zu putzen», schreibt die bodenständige Innerschwyzerin.
Höfner Volksblatt und March-Anzeiger / ng
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