Dies & Das
Pressefotos als kollektives Gedächtnis
Historische oder bedeutende Ereignisse speichern wir oft mit Pressebildern. Diesen Umstand greift das Forum Schweizer Geschichte mit der Ausstellung «C’est la vie – Pressebilder seit 1940» auf. Dazu liefern Persönlichkeiten Geschichten und Episoden. Am Sonntag Angela Dettling.
500 Bilder haben die Kuratoren des Landesmuseums aus den nahezu 10 Millionen Negativen umfassenden Archiven der beiden Pressebild-Agenturen «Presse Diffusion Lausanne» (PDL, 1940–1972) und «Actualité Suisse Lausanne» (ASL, 1954–1999) ausgesucht, um chronologisch nach Jahren bedeutende Ereignisse in unserem Land zu zeigen.
Persönliche Erinnerungen
Ergänzt werden die vorwiegend grossartigen Pressebilder von Bildreportagen wie der Rheinschifffahrt oder dem Prozess rund um das Frauenstimmrecht, einer Porträtserie und zwei sehr gegensätzlichenThemenserien. Nämlich Bundesratsreisen und Miss-Schweiz-Wahlen. Die Pressebilder rufen dem Betrachter unweigerlich die jeweiligen Ereignisse in Erinnerung. Aber es gibt auch Ereignisse, die man persönlich vielleicht noch gar nicht erlebt haben kann, die aber trotzdem im eigenen Gedächtnis eingeprägt sind. Im Fall des Schreibenden zum Beispiel die Ankunft der Rolling Stones in Zürich-Kloten oder die Globuskrawalle zur ähnlichen Zeit. Für Angela Dettling, die am Sonntag bei einer öffentlichen Führung als eingeladener Gast ihre persönliche Wahrnehmung der gezeigten Bilder erläuterte, weckte das Premierenbild des 1970 in Zürich erstmals gezeigten Musicals «Hair» ganz spezielle Erinnerungen. «1989 gab es im damaligen Casino Schwyz eine amerikanische Tourneefassung zu sehen, und die kurze Nacktszene vor der Pause war für uns damals unglaublich»,erzählte die promovierte Historikerin gestern. «Die Mutter meiner Freundin, die uns damals ins Casino begleitete, wollte dieses am liebsten verlassen.» Letztendlich waren dann aber die eigentlichen Themen des Stoffs wie die Anti Vietnam-Bewegung, die Rebellion gegen das Establishment oder die gelebte Hippiekultur doch bedeutender für Angela Dettling.
Pressebilder als Beweismittel
Doch das besagte Beispiel steht stellvertretend für unser kollektives Gedächtnis. «Die Bilder sind Erinnerungen, die uns persönlich betreffen oder betroffen machen, und sie prägen sichbei uns ein», sagte Angela Dettling weiter. Zudem seien Pressebilder auch ein perfektes Mittel, um eine Bestandesaufnahme über die damalige Zeit oder gar den Zeitgeist zu machen. Renate Amuat vom Forum Schweizer Geschichte, die die aktuelle Ausstellung, welche vor allem im Landesmuseum ein Grosserfolg war, mitgestaltete,erklärte, dass Bilder mit all ihren Details auch Beweise liefern können. An einem grossformatigen Beispiel rund um die Einführung des Frauenstimmrechts scheint man die berühmte Zürcher Ständerätin und erste Präsidentin der Kommission für Frauenfragen Emilie Lieberherr zu erkennen, was jedoch nicht stimmt. Die zum Verwechseln ähnliche Frau auf dem Bild trug einen Ehering, und, wie heute längst kein Geheimnis mehr ist, die Frauenrechtlerin war nicht verheiratet, sondern lebte mit ihrer Partnerin zusammen.
Die sehr zu empfehlende Ausstellung «C’est la vie–Pressebilder seit 1940» ist noch bis am 22. September zu sehen. Am Sonntag, 25. August, erläutern Staatsarchivar Erwin Horat und am 22. September Schriftsteller Emil Zopfi im Rahmen der öffentlichen Führungen «Im Gespräch» ihre Eindrücke und Gedanken zu den gezeigten Pressebildern.
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