Erfolgreiches Trio für das Nüssler-Standardwerk: Autorin Martina Kälin (von links), Regierungsrat und damit Verleger Michael Stähli und Projektleiter Christoph Clavadetscher von der Nüsslergesellschaft Brunnen-Ingenbohl. Bilder: Josias Clavadetscher
Erfolgreiches Trio für das Nüssler-Standardwerk: Autorin Martina Kälin (von links), Regierungsrat und damit Verleger Michael Stähli und Projektleiter Christoph Clavadetscher von der Nüsslergesellschaft Brunnen-Ingenbohl. Bilder: Josias Clavadetscher
Freude herrscht: Die Innerschwyzer Maschgraden haben eine «Nüssler-Bibel» erhalten.
Freude herrscht: Die Innerschwyzer Maschgraden haben eine «Nüssler-Bibel» erhalten.

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Eine eigentliche «Nüssler-Bibel» geschaffen

Das «Schwyzer Heft» über das Nüsslerbrauchtum ist erschienen – ein Standardwerk.

Immer wieder haben Fasnachtsvereine ihre Geschichte aufgearbeitet und publiziert, fast ausnahmslos aus lokaler Sicht. Einzig Werner Röllin hat 1978 über die «Entstehung und Formen der Schwyzer Maskenlandschaft» etwas umfassender und auch wissenschaftlich publiziert. Gefehlt hat bis heute eine grundlegende Bearbeitung des Nüssler-Brauchtums. Eigentlich erstaunlich, weil diese Masken- und Fasnachtstradition das bedeutendste vitale Brauchtum der Region ist. Seit dieser Woche ist dieses Manko vorbei. Auf Anregung aus der Nüsslergesellschaft Brunnen-Ingenbohl haben sich alle neun Nüssler-Vereine der Region zusammengefunden und ein Projekt dazu in die Wege geleitet. Das Gesuch an die Kulturkommission des Kantons Schwyz für ein «Schwyzer Heft» zu diesem Thema ist 2020 eingereicht worden. Dort habe man sich «schnell überzeugen lassen», erklärte Regierungsrat und Kulturminister Michael Stähli an der Vernissage. Jetzt liegt dieses Heft mit dem für alle Maschgraden herrlich emotional aufgeladenen Titel «Sind so guet, liebä Maschgrad!» vor. Es ist anzunehmen, dass diese Publikation «voll einschlagen wird». Vorsichtshalber sind darum 2000 Exemplare produziert worden.

 

Autorin Martina Kälin als Glücksfall

Das 164 Seiten starke Werk überzeugt und fasziniert – in seiner Struktur, Konzeption und vor allem dank der soliden wissenschaftlichen Bearbeitung. Es sei vor allem ein Glücksfall gewesen, dass als Autorin Martina Kälin-Gisler, Brunnen, gewonnen werden konnte, erklärte Projektleiter Christoph Clavadetscher. Kälin ist promovierte Historikerin und als wissenschaftliche Mitarbeiterin im Staatsarchiv Schwyz tätig. Und vor allem war die gebürtige Urnerin in Sachen Fasnachtstradition nicht befangen. Die Gefahr, als Fasnächtler unbewusst ein bestimmtes Brauchtum zu privilegieren, ist sonst latent vorhanden. Kälin hat aufwendig recherchiert. Gemäss Clavadetscher hat sie «Hunderte von Stunden investiert». Kälin standen die Archive von allen neun beteiligten Fasnachtsvereinen offen. Weiter konnte sie auf das Staatsarchiv, Privatarchive, auf Gewährsleute und insbesondere das Archiv der Lokalzeitungen zurückgreifen. Gerade die Berichte in den Zeitungen seien zwar in der Recherche sehr aufwendig, aber auch sehr ertragreich gewesen, bestätigte die Autorin. Martina Kälin hatte freie Hand, auch bezüglich Konzeption. So schildert sie in Kapiteln, wie die Fasnacht im Kanton Schwyz entstanden ist, sich entwickelt hat und heute praktiziert wird und wo die Unterschiede im lokalen Brauchtum, dem Narrentanz und den Figuren liegen. Auch zeigt sie auf, wann und wo die Frauen in die Tradition integriert worden sind. Die verschiedenen Narrentänze sind sogar erstmals in Notationen dokumentiert worden. So gehen sie nicht mehr verloren. Ebenfalls zeigt eine Tabelle, in welchen Orten welches die Haupt- und Nebenfiguren und welche exklusiv sind.

 

Quellenbasierte und wissenschaftliche Gesamtschau

Ein separates Kapitel ist der kunsthandwerklichen Seite des Brauchs gewidmet, was an Kostümen und Requisiten wo und wie hergestellt wird. Auch wird kurz über die Nüssler-Region hinausgeschaut auf die Rölli, den Drapoling und weitere «Verwandte» des Blätz. Den Abschluss bilden zudem aktuelle Porträts der neun Vereine als Bestandesaufnahme. Diese «Nüssler-Bibel» hält aber auch einige Überraschungen bereit, die selbst den Kenner verblüffen. Oder es müssen bisherige Annahmen über Bord geworfen werden, weil sie schlicht nicht stimmen. Wenn der Effekt eintrete, «das han-i au nid gwüsst», dann habe sie ihr Ziel erreicht, erklärte Kälin. Martina Kälin und die neun Nüsslergesellschaften haben ein Standardwerk geschaffen, quasi eine «Nüssler-Bibel». Projektleiter Clavadetscher betonte, dass den Vereinen die Gesamtschau sehr wichtig gewesen sei, quellenbasiert und wissenschaftlich fundiert. Das sei gelungen für ein Brauchtum, das heute so populär und verbindend sei wie noch nie. Diese Freude über das gelungene Werk war an der Vernissage spürbar. Es ist eine bunte, gemischte Rott aus allen beteiligten Vereinen aufgetreten. Eine derart wirblige Vernissage eines «Schwyzer Hefts» habe er noch nie erlebt, erklärte Regierungsrat Stähli.

 

Hinweis

«Schwyzer Heft» (Band 116): «Sind so guet, liebä Maschgrad! Innerschwyzer Nüsslerbrauchtum». Erhältlich bei allen neun beteiligten Nüsslergesellschaften und beim Kantonalen Amt für Kultur.

 

Bote der Urschweiz / Josias Clavadetscher

Autor

Bote der Urschweiz

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Kategorie

  • Brauchtum / Feste
  • Literatur

Publiziert am

01.02.2024

Webcode

www.schwyzkultur.ch/upkssi