Rund 50 Personen kamen mit auf die Erkundungstour zu den Malereien am Schwyzer Rathaus: Kunsthistoriker Markus Bamert erzählte auch aus dem Nähkästchen. Bild: Josias Clavadetscher
Rund 50 Personen kamen mit auf die Erkundungstour zu den Malereien am Schwyzer Rathaus: Kunsthistoriker Markus Bamert erzählte auch aus dem Nähkästchen. Bild: Josias Clavadetscher

Dies & Das

Nicht viel hätte gefehlt, und das Rathaus wäre heute «bilderlos»

Die Bemalung des historischen Schwyzer Rathauses wurde vor 35 Jahren infrage gestellt.

Das markante, mit historischen Szenen bemalte Rathaus Schwyz ist seit 133 Jahren ein Wahrzeichen erster Klasse. Vorher war es nicht bemalt, und beinahe drohte auf 1991 hin wiederum ein «nacktes Rathaus», weil man es in den barocken Urzustand zurückversetzen wollte. Ein erstes Rathaus in Schwyz muss schon 1315 bestanden haben. Das weiss man, weil nach dem Überfall der Schwyzer auf das Kloster Einsiedeln die dort entführten Mönche «ins Rathaus gesperrt worden sind». Der Vorgängerbau des heutigen Rathauses entstand 1591, wurde 1642 beim massiven Dorfbrand aber fast gänzlich zerstört. Das heutige Rathaus wurde anschliessend wieder aufgebaut, auf dem gleichen Grundriss. 1770 wurde das Gebäude verändert, vor allem wurde das bisherige Giebeldach durch das heutige Mansardendach im deutschen Stil ersetzt. Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts blieb das Rathaus dann unverändert, wie der Kunsthistoriker und frühere Schwyzer Denkmalpfleger Markus Bamert am Donnerstag an einem Vortrag von Schwyz Kultur Plus zum Schwyzer Rathaus erläuterte.

 

Beim Auftrag für die Malerei ziemlich getrickst

Dann stand 1891 die 600-Jahr-Feier der Eidgenossenschaft vor der Türe. Neben der offiziellen Feier, einem Festspiel und dem historischen Umzug wurde auch der Beschluss gefasst, das Rathaus imposant zu bemalen. Treibende Kraft war der damalige Kantonsratspräsident und Verleger Adelrich Benziger. Er hatte beste Kontakte zur Kunstszene und nahm die Sache an die Hand, sogar ziemlich eigenmächtig. Eingeladen wurden drei Künstler, die Entwürfe vorlegen sollten. Jakob Würger, Albert Wagen und Albert Freytag lieferten diese im Sommer 1890, Freytag erhielt den Auftrag. Dann aber, so Bamert, hüllen sich die Protokolle in grosses Schweigen – bis im September 1890 Benziger einen Vertrag mit dem Münchner Historienmaler Ferdinand Wagner präsentierte. Dessen erste Entwürfe datieren jedoch schon vom Juli 1890, was darauf schliessen lässt, dass Benziger hintenherum bereits mit Wagner paktiert hatte. Diese Entwürfe wurden schliesslich ausgeführt. Über den Winter 1890/1891 wurde das Rathaus eingepackt, damit man den Arbeitsplatz beheizen konnte. Drei Gesellen und drei Gehilfen von Wagner übertrugen dann vor Ort die Entwürfe an die Fassade, mit den damals erfolgreichen keimschen Mineralfarben und anschliessender Fixation mit Kieselsäure. Im Juli 1891 traf Ferdinand Wagner selber in Schwyz ein, beaufsichtigte die letzten Arbeiten für das Finishing und konnte am 29. Juli, zwei Tage vor der Jubiläumsfeier, das bemalte Rathaus übergeben.

Gersauer Wappen seitenverkehrt dargestellt

Die Bemalung ist bestens bekannt. Markant ist das grosse Schlachtgemälde von Morgarten. Weitere Szenen zeigen Stauffacher mit seiner Frau Gertrud, die Übergabe des Freiheitsbriefs an die Eidgenossen, die Schwurszene auf dem Rütli, als Porträts Suit, die Justitia, die drei Gründer, den Doppeladler als Reichswappen, weiter die Wappen der sechs Bezirke – wobei das Gersauer Wappen seitenverkehrt gezeigt wird – und die von Putten umschwebten Hinweise auf die Schlachtdaten. Interessant ist übrigens, dass das Porträt von Landammann Stauffacher den Auftraggeber Adelrich Benziger zeigt, jenes von Arnold Anderhalden Benzigers Sohn August, den späteren Kunstmaler und Erbauer des Grandhotels in Brunnen.

 

Entfernung der Bilder in die Wege geleitet

Kritische Wochen überstand die Bemalung dann im Vorfeld der 700-Jahr-Feier. Es gab vor 1991 Bestrebungen, den barocken Originalzustand des Rathauses wiederherzustellen, also die Bemalung zu entfernen. Die Schwyzer Regierung war bereits auf diese Idee eingeschwenkt. Wie Markus Bamert verriet, brauchte es einen geschickten Schachzug, um dies zu verhindern. Auf einen Hinweis hin machte die Lieferfirma der keimschen Farben ziemlich Druck. Für sie war und ist das Schwyzer Rathaus bis heute ein Referenzobjekt erster Güte. Die Firma offerierte den Schwyzern, die Kosten für die Untersuchung der Bilder und die Farblieferungen zu übernehmen. Da schwenkte die Regierung des reichen Kantons ein: Die Bilder wurden restauriert und blieben erhalten – wie dies gemäss einer damaligen Umfrage des «Boten» auch die Bevölkerung vehement gefordert hatte.

 

Bote der Urschweiz / Josias Clavadetscher

Autor

Bote der Urschweiz

Kontakt

Kategorie

  • Dies & Das

Publiziert am

15.06.2024

Webcode

www.schwyzkultur.ch/mAUAqS