Brauchtum / Feste
Die Nothelfer des Himmels
Martin ist der wohl bekannteste Heilige in Schwyz – eine neue Ausstellung des Bundesbriefmuseums stellt ihn deshalb ins Zentrum. Es gibt aber noch viele andere, die als Fürsprecher im Jenseits angerufen werden.
Die Heiligenverehrung hat in unserem christlich geprägten Kulturraum eine jahrhundertelange Tradition. Die Anzahl der christlichen Heiligen ist denn auch gross: So listet etwa die katholische Kirche gegen 2000 offizielle Heilige und noch weit mehr «Selig-Gesprochene» auf. In einem Streifzug durch die Geschichte hat Valentin Kessler, Vorsteher des Amtes für Kultur und Schwyzer Staatsarchivar, kürzlich in einem Vortrag im Bundesbriefmuseum Formen der Heiligenverehrung nachgezeichnet – speziell auf das Gebiet des heutigen Kantons Schwyz bezogen. Eine Heiligsprechung bedingt in der römisch-katholischen Kirche ein offizielles kirchliches Verfahren. Dabei ist der Nachweis eines Wunders erforderlich. Letzte Instanz bei einem Heiligsprechungsverfahren ist der Papst persönlich. Eine Heiligsprechung hat auch liturgische Folgen: Ein Heiliger kann als direkter Fürsprecher bei Gott angerufen werden.
Hilfe bei Kopf- und Halsschmerzen
Apostel und Märtyrer waren laut Kessler die ersten Ausgewählten, die im frühen Christentum verehrt und um Hilfe gebeten wurden. Ab dem 4. Jahrhundert verkörperten dann Eremiten und Asketen das «Ideal der Heiligkeit». Der Ägypter Antonius, der auf Abbildungen häufig ein Schwein als Attribut mit sich führt und deshalb auch als «Säuli-Toni» bekannt ist, gilt laut Valentin Kessler als der eigentliche Repräsentant dieser Phase. Diese Einflüsse drangen im 4. Jahrhundert ins Abendland vor und schlugen sich auch in der Lebensbeschreibung des heiligen Martins nieder. Dem prominenten Heiligen und Schwyzer Landespatron sind demnächst mehrere Veranstaltungen in Schwyz gewidmet (siehe Hinweis). Zudem läuft im Bundesbriefmuseum zu seinem 1700. Geburtstag (2016) noch bis zum 16. Juli eine Sonderausstellung. Hoch im Kurs der Heiligenverehrung auf Schwyzer Gebiet steht auch die Gottesmutter Maria – insbesondere in Einsiedeln. Dort ist wohl im 13. Jahrhundert die ursprünglich dem Erlöser geweihte Gnadenkapelle zu einem von Christus geweihtenMarienheiligtum geworden, wie der Historiker Kessler sagt.
Viele populäre Helfer
Populär und im Alltag des Volkes omnipräsent waren in Schwyz seit dem Mittelalter die 14 Nothelfer. Allesamt waren sie Heilige, die in besonderen Not- und Lebenslagen angerufen werden. Darunter sind Christophorus als Helfer «gegen den jähen Tod», Dionysius soll bei Kopfschmerzen helfen und der heilige Blasius bei Halsleiden. Auch Bruder Klaus gehört zu den verehrten Personen: Schon früh nach seinem Tod im Jahr 1487 haben sich gemäss Kessler «erste Ansätze für die Verehrung von Bruder Klaus gezeigt», auch wenn die Heiligsprechung erst 1947 erfolgte. Mit der Verehrung der Heiligen ging eine Menge von Feiertagen einher. Schon im 12. Jahrhundert gab es hierfür eine von der Kirche erlassene Liste, die über die Jahre immer länger wurde. Aufgrund der «enormen Zahl» gab es gemäss Kessler immer wieder Bestrebungen, die Menge zu reduzieren – auch weil die Arbeit an diesen Tagen ruhte und die «meisten und grössten Laster» ausgerechnet an solchen Tagen geschehen seien. «Der Müssiggang dient nicht der Verehrung der Heiligen», hielt ein Mandat aus dem 18. Jahrhundert im Bistum Konstanz fest. Hierauf wurde eine Anzahl Feiertage bestimmt, die nur bis 11 Uhr gefeiert werden mussten. Nach dem Besuch des Gottesdienstes wartete die Alltagsarbeit. Für die 1770er-Jahre waren schliesslich in Schwyz 41 Feiertage festgehalten, wovon 18 Halbfeiertage waren. 1837 wurden vom Schwyzer Kantonsrat insbesondere die Halbfeiertage nach Rücksprache mit dem zuständigen Bistum Chur abgeschafft. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurden die Feiertage nochmals stark ausgedünnt.
Am 22. April und am 24. Juni finden imBundesbriefmuseum Vorträge zum heiligen
Martin statt.
Infos
www.bundesbrief.ch
Bote der Urschweiz (Hannes Bucher)
Autor
Bote der Urschweiz
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Kategorie
- Brauchtum / Feste
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