Blick in die Ausstellungshalle, im Vordergrund die wegweisende Installation «Da ist dort» von Zeno Schneider dahinter die Fotos von Martin Linsi. Foto Gina Graber
Blick in die Ausstellungshalle, im Vordergrund die wegweisende Installation «Da ist dort» von Zeno Schneider dahinter die Fotos von Martin Linsi. Foto Gina Graber

Kunst & Design

Der Mensch braucht Kunst

Die Werkschau der Schwyzer Kunstschaffenden in Siebnen findet mit Verspätung aktuell diesen Juni statt. Sie ist einmal mehr Zeugnis des breiten künstlerischen Spektrums in unserem Kanton und zeigt Werke aus den unterschiedlichsten Sparten von traditionell bis modern.

Selber Ort, aber nicht selbe Zeit: Für einmal ist die «Kunst Schwyz» eine Sommerausstellung, mit allen Annehmlichkeiten, welche die warme Jahreszeit mit sich bringt. Die Tore der grosszügigen Werkhalle 30A in Siebnen sind weit offen, Tageslicht erhellt die Ausstellung bis in den Abend hinein.

Kunst ist relevant


Man möchte fast sagen: Endlich findet wieder Kunst statt! Sowohl die Vernissagengäste als auch die Kunstschaffenden freuen sich, nach Monaten wieder in einem grösseren Rahmen einerseits auszustellen und andererseits Ausstellungen zu besuchen. Zu lange musste man auf die direkte Begegnung mit Bildern, Skulpturen, Fotografien und Installationen verzichten. Gespräche mit Künstlerinnen, Künstlern und anderen Kunstbegeisterten fehlten schmerzlich. Der Mensch braucht nicht nur Brot zum Leben, auch Kunst ist relevant.
Die meisten Schwyzer Kunstschaffenden haben den unfreiwilligen Rückzug der letzten Monate genützt, haben sich mit neuen Projekten, neuen Techniken und nicht zuletzt mit den Möglichkeiten der Digitalisierung auseinandergesetzt. Dies erwähnte auch Franziska Amstad, letzte Kuratorin der ehemaligen Galerie am Leewasser in Brunnen, in ihrer Eröffnungsrede. Events fanden vermehrt online statt, so auch das Projekt «kulturON » als Ersatz für das beliebte Kulturwochenende im April.

Einsiedler Kunstschaffende sind präsent


Aber analoge Kunst ist inspirierender. Unter den 28 Ausstellenden sind auch 6 Künstlerinnen und Künstler aus der Region Einsiedeln. Unter ihnen Toni Ochsner, der als einziger der sechs mit einem Gemälde präsent ist. Grossformatig und kaleidoskopisch bunt entführt es den Betrachtenden in eine surreale Traumwelt aus Lust und Vergänglichkeit. Stiller und kleiner daneben die Fotografien von Martin Linsi und Corin Fuchs. Im Zentrum von Martin Linsis sieben Schwarzweiss-Bildern steht die Arbeit. Menschen, die einer Tätigkeit nachgehen, oder Objekte, die durch Arbeit entstanden sind. Die Bilder sind ein kleiner Auszug aus einem Fotoband, der das bisherige Lebenswerk des Fotografen dokumentiert. Corin Fuchs hat Momente fotografisch eingefangen: Landschaften, menschenleere Gassen in kubanischen Dörfern und zufällig um die Ecke erhaschte Stillleben sind Erinnerungen an ihre zahlreichen Reisen, aber auch melancholische Reverenz an die Menschen, welche die fotografierten Objekte geschaffen haben.

Marmor, Stein und Blech


Peter von Burgs Steinskulpturen waren früher nicht selten mannshoch. In Siebnen stellt der Bildhauer heuer kleinere Objekte aus, die ihren grossen Pendants an Eleganz, Schwung und Harmonie in nichts nachstehen. Es kostet Kraft und Zeit, aus Marmor diese organischen Formen herauszuarbeiten. So stecken auch in einer kleinen Skulptur bis zu hundert Stunden Arbeit drin, bis die Hand sachte über die formvollendeten Rundungen streichen kann. Ein anderes hartes Material ist Urs Diethelms Leidenschaft: Stahl. Der Konstruktionsschlosser und Schmied hämmert, treibt und schweisst Stahlbleche zu opulenten Wandreliefs mit Science-Fiction-Gepräge. Sein Ziel: Aus einem handelsüblichen Zehn-Franken-Blech lustvoll Kunst zu machen, die gefällt.

Wegweisende Kunst


«Last but not least» das wegweisende Objekt von Zeno Schneider, der ausrangierte Wanderwegweiser gesammelt und zu einem verwirrenden Turm zusammengebaut hat. Indem er den gelben Schildern deren einstige Verantwortung – Wandernden den richtigen Weg zu zeigen – genommen hat, führt er sein Credo: «Ein Wegweiser hat immer recht» ins Paradoxe. Gar nicht paradox, sondern sinnig, sinnlich und stimmig waren die Jazzstandards, mit denen das Duo Erwin Füchslin und Adeline Marty das Vernissagenpublikum auf höchstem Niveau unterhielt.

Einsiedler Anzeiger / Gina Graber

Autor

Einsiedler Anzeiger

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Kategorie

  • Kunst & Design

Publiziert am

08.06.2021

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www.schwyzkultur.ch/ANRfM7