Musik
Totämäss in der Jugendkirche
Am Samstag gastierte der Komponist Joël von Moos zum zweiten Mal mit seiner Requiem Totämäss in der Jugendkirche,
Was sich der 1991 in Sachseln geborene Komponist Joël von Moos musikalisch einfallen liess, ist von ausserordentlicher Art. Ein Requiem in Schweizerdeutsch zu schreiben und aufführen zu lassen, braucht nicht nur Mut, sondern auch musikalisches Können. Beides scheint im aktuellen Komponisten vereint. Sein Studium an der Hochschule der Künste in Bern wird ihm die nötige Sicherheit gegeben haben. Heute ist er unter dem Label JVM Productions selbständig tätig.
Entstehung und Besetzung
Zur eindrücklichen Aufführung in der Jugendkirche Einsiedeln, wurde eine sehr informative Broschüre aufgelegt, welche für die Zuhörer in der prall gefüllten Kirche eine willkommene Hilfe war. Darin sind die aufführenden Stimmen mittels kunstvollen Schabbildern vorgestellt. Im Vorwort erinnert er an private Erlebnisse, die ihn veranlasst hätten, sich mit dem schwierigen Requiem-Projekt zu befassen. In seiner Schilderung zum Thema tauchen traurige Momente auf. Zum Beispiel Momente der Enttäuschung, Momente des Verlusts, Momente der Einsamkeit sowie Momente des Abschieds. Dieses Requiem widmet der Komponist seinen geliebten Grosseltern, deren Werte und Weitsicht für ihn prägend sind. Dass er sein Werk in Schweizerdeutsch aufführen lässt, ist damit begründet, dass die klassischen Requiems meist in Latein verfasst sind, was meist selten verstanden wird. Von Moos konnte sich bei seiner Arbeit auf verschiedene Recherchen, zum Beispiel das Requiem, welches Mozart 1791 schrieb, abstützen. Der Erfolg anlässlich der Weltpremiere am 1. November 2023 in der Lukas-Kirche in Luzern war ihm verdienter Lohn für diesen Schritt. Unter der präzis geführten Leitung des Dirigenten Eberhard Rex sang der, in der Vorschau auf 80 Mitwirkende des Luzerner Mädchenchors und der Luzerner Sängerknaben, äusserst konzentrierte Chor. Die Solistinnen Corinne Utzinger, Daria Occhini und Andrea Küttel sangen und jodelten, begleitet vom Tenor Terence Reverdin, Flavio Wanner als Bariton und Grégoire May im Bassbereich. Wirkungsvoll ertönte auch der Orgel-Einsatz von Wolfgang Sieber. In der Komposition lässt Joël von Moos neben der Orgel und dem Akkordeon, von Dejan Skundric gekonnt gespielt, auch verschiedene Trycheln, Totäglöggli und Talerschwingen auf ausserordentliche Art hörbar werden. Seine Idee, Chormusik, klassische Musik und Jodel zu mischen, berührte auf eine ganz besondere Art.
Die Aufführung
Es würde den Berichtsrahmen sprengen, wollte man auf alle Einzelheiten eingehen. Ein paar Abschnitte, wie sie traditionell lauten und in der Komposition daherkommen: Introitus & Kyrie werden zu «Ewigi Ruäh & Herr erbarme Dich» und so klangen sie denn auch. Das Graduale & Tractus wird von den Männersolisten als «Befryy, Herr d’Seelä» gleich einem Ruf nach Befreiung, aber mit dem Bewusstsein des Jüngsten Gerichts vor Augen, gesungen. In einem besonderen Abschnitt tritt auch der Tod, eindrücklich verkörpert durch Dejan Skundric mit der Sense, auf. Er wird, fast etwas ironisch, als «Myn guätä Fründ in Schwarz» begrüsst. Sehr eindrucksvoll wurde diese unausweichliche Szene mit entsprechendem Gesang der Männer- und Frauenstimmen dargeboten. Der Chor und die Orgel begleiten den Todeskampf einer Figur. Bildhaft wirkte eine Sequentia. Sie wird zu «Im Himmelsgartä». Der Frauenchor veranschaulicht anhand von Blumensorten, wie unterschiedlich sich die Lebenswelten von Menschen gestalten. Eine weitere Sequentia schnitt «Muäss ich stärbe?» an. Mit ihrem Gesang rücken, einem Wechselbad gleich, Stimmungen auf zur Frage: Muss ich wirklich sterben? In dieser Situation mischt sich der «Knochenmann» ein. Ihr Disput mit ihm endet in der schlussendlichen Feststellung «Ich muäss stärbe!» Weitere Bilder schliessen den ersten Teil, der sich hauptsächlich mit der Betrachtungsweise der eigenen Vergänglichkeit befasst.
Gedenken und Betruf
Mit dem zweiten Teil der «Totämäss» wird daran erinnert, auch der verstorbenen Mitmenschen zu gedenken. Im Sanctus werden, um der Sentimentalität zu entfliehen, älplerische Elemente eingefügt. Der Betruf versucht, weg von der eigenen Trauer, in eine hoffnungsvolle und mystische Welt zu lenken. Der Klang der Talerbecken wird zu einem Zauber, der sich mittels der solistischen «Heilig»Rufen darüberlegt. Im Textbuch ist zu lesen: «Eine rohe, urgewaltige Kraft liegt in dieser Tonfolge». Um des Klanges willen wird das «Agnus Dei» in Lateinisch gelassen. Es wird befürchtet, dass diese Sequenz im Dialekt zu sperrig würde. Die Zuhörer nahmen alle Gesänge mit grosser Aufmerksamkeit auf. Als Abschluss ist mit dem sogenannten «Reisesegen» ein Gesang in der Schriftsprache eingebaut, dem auch der Refrain «Bis wir uns wiederseh’n, Halt Gott Dich fest in Seiner Hand» angehängt ist, der von der Gästeschar Begeisterung ausdrückend mitgesungen wurde. In solcher Weise wurde von fast nicht enden wollendem verdientem Applaus begleitet, die überragende Leistung des Chors und der Solistinnen und Solisten verdankt. Mit eindrücklichem Orgelspiel wurde eine Aufführung beendet, die in solcher Art wohl selten zu hören und zu geniessen ist.
Einsiedler Anzeiger / Karl Hensler
Autor
Einsiedler Anzeiger
Kontakt
Kategorie
- Musik
Publiziert am
Webcode
www.schwyzkultur.ch/Dx3rbg