Bühne
«Der Mythos hat mich gepackt»
In Zermatt gedenkt man der dramatischen Matterhorn-Erstbesteigung mit einem Freilichtspiel. Mit dabei ist der Gersauer Othmar Baggenstos.
40 Jahre aktiv Fasnacht zu machen oder bei einem professionell inszenierten und produzierten Theaterstück dabei zu sein, sei ein enormer Unterschied, sagt Othmar Baggenstos. In Zermatt steht er zurzeit auf der höchstgelegenen Freilichtbühne Europas.
Matterhorn noch nicht bezwungen
Als Fasnächtler ist der Gersauer Jahr für Jahr ein Glanzlicht in seinem Heimatort. Dass er es nun auf eine Theaterbühne schaffte, mag daher nur jene erstaunen, die Baggenstos an der Gersauer Fasnacht noch nie erlebten. Wieso aber ausgerechnet im drei Stunden von Innerschwyz entfernten Zermatt? «Vor 20 Jahren hat mich das Bergsteigen gepackt, und Zermatt mit seinen knapp 30 4000ern in Sichtweite hat es uns sehr angetan», sagt «Tübli-Othmi».
Im Gegensatz zu seiner Frau hat er das «Horu» jedoch noch nicht bestiegen. «Dafür fast alle anderen 4000er rundherum.» Ob er denn wie die Zermatter damals vor 150 Jahren, als der englische Alpinist Edward Whymper in einer Nacht-und-Nebel-Aktion eine Seilschaft zur Erstbesteigung zusammenstellte, zu grossen Respekt vor dem monumentalen Berg an der schweizerisch-italienischen Grenze hat? «Das mag vielleicht sogar etwas der Fall sein», so Baggenstos. «Vielleicht werde ich das Horu auch einmal bezwingen, aber jetzt durch die Beschäftigung mit der Geschichte und dem Theaterstoff ist der Respekt eher noch grösser.» Aber der Mythos um das Matterhorn habe ihn definitiv gepackt.
Doppelrolle bekommen
Als letztes Jahr das 150-Jahr-Jubiläum der Erstbesteigung des Matterhorns in Zermatt ein immer grösseres Thema wurde und die Berner Autorin und Regisseurin Livia Anne Richard zusammen mit der Produktion zu einer Infoveranstaltung in Zermatt lud, ging der Gersauer aus Neugier hin. Dass unterhalb des Gornergrats beim Riffelberg auf 2582 Metern Höhe mit einer der spektakulärsten Sichten zum Matterhorn ein Theaterstück stattfinden soll, hat ihn fasziniert. So sei er einfach mal zum Casting, und offensichtlich hat er bei Livia Anne Richard einen guten Eindruck hinterlassen. «Noch beim Vorsprechen hat sie gemeint: Du hast die Rolle.» Daraus ist dann gleich eine Doppelrolle geworden. Nebst Richter Joseph Antoine Clemenz, der zum Schluss des Stücks den britischen Erstbesteiger Edward Whymper und den Zermatter Bergführer Peter Taugwalder zu den dramatischen Ereignissen des 14. Juli 1865 mit vier Todesopfern beim Abstieg befragt, spielt Othmar Baggenstos im ersten Teil auch einen englischen Alpinisten namens Mr. Robertson. So gehört der Gersauer zu jenen Mitwirkenden, die nebst den fünf Profis eine der grössten Rollen haben. Und da die Engländer im Stück mehrheitlich in ihrer Landessprache sprechen, spielt Baggenstos gleich noch zweisprachig.
Esel-Betreuung als Zusatzjob
Und damit nicht genug: Er hat zusammen mit einem anderen Mitglied der Produktion auch die Betreuung der beiden Esel Canada und Camillo unter sich. «Diese müssen sich vor der Aufführung etwas an die Zuschauer gewöhnen.» All diese Aufgaben, die intensive Probearbeit, der Druck, auf der Bühne zu stehen, und nun ganze 37 Vorstellungen seien eine grosse Herausforderung. «Für mich ist dies aber auch eine einmalige Erfahrung. Und sie bringt mich auch mit den Zermattern und ihrer Beziehung zum Matterhorn näher.»
Was für den Gersauer aber bereits jetzt eine zentrale Erkenntnis ist, ist die Demut. «Nicht nur der einzigartigen Natur gegenüber, sondern auch als Darsteller in einer solchen Produktion. Da lernt man, sich etwas zurückzunehmen.» Das Theater wird noch bis am 29. August gespielt.
Bote der Urschweiz (Roger Bürgler)
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Bote der Urschweiz
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