Literatur
Brücke zwischen Stadt und Land
Mit Text und Bild erkundete der ehemalige Märchler Pawel Streit das Innerthal. Daraus entstand ein moderner Bildband, der nicht nur die Idylle zeigt.
Pawel Streit ist in Vorderthal geboren, seine Kindheit verbrachte er auf dem Gschwend oberhalb von Galgenen, wo seine Eltern einen Bio-Bauernbetrieb führten. Den Märchler zog es schon bald in die Stadt, seit zehn Jahren lebt der 33-Jährige in Luzern. Er kennt beide Welten. Diejenige der Städter und die der Landbevölkerung.
Heute nennt man es «Overtourismus»
«Tschüss Sepp!», welches vor drei Jahren im Rahmen seiner Bachelorarbeit entstanden ist, soll genau dieses Spannungsfeld aufzeigen. «Mein Buch zeigt mit Bildern und Text den Alltag einer Berggemeinde, die mit dem Tourismus und den negativen Seiten davon konfrontiert wird.» Hier trifft der moderne Begriff «Overtourismus» zu. «Dazu kommt in Innerthal auch noch der Verlust der alten Heimat, ein Trauma, das im Tal immer noch stark spürbar ist», erzählt Pawel Streit. In seinen Gesprächen sei oft von «den Zürchern» gesprochen worden, die an schönen Tagen massenweise ins Tal einfallen. Der Begriff «Die Zürcher» werde von vielen immer noch negativ in Verbindung gebracht mit dem Bau der Staumauer. Schliesslich sei damals die Initiative für den Kraftwerkbau aus der rund 50 Kilometer entfernten Stadt gekommen. Sein Werk möchte dem Leser aber nicht einen Schwarz-Weiss-Blick vermitteln, sondern Toleranz und Verständnis fördern. In weiteren Passagen setzt sich Streit mit der Überalterung, der Schulschliessung und dem «Fremdsein» auseinander. In der Einleitung zum Textteil des Buches, welches seit April 2024 vom Verlag Benteli herausgegeben wird, schreibt der junge Künstler folgende Worte: «Ich bin hier, um eine Distanz zu überwinden. Nicht bloss die räumliche, auch die geistige. Ich bin hier, um herauszufinden, was für eine angeblich andere Welt das ist, was sie bewegt und wer sie bewohnt.»
Das Hier und Jetzt erkunden
Für «Tschüss Sepp!» begab sich der Autor vor drei Jahren, damals noch Student Bachelor in Camera Arts, drei Monate nach Innerthal. Um mehr über die Menschen zu erfahren, die hier leben, suchte er immer wieder das Gespräch und beobachtete vieles. Auch alte Dokumente begegneten ihm auf seiner Recherche, «ich wollte aber das Hier und Jetzt von Innerthal erkunden », hält er fest. Natürlich sind ihm die tiefen Spuren, die die Staumauer durchs Tal zieht, immer wieder begegnet. Ihm fiel auf, dass bei den heutigen Bewohnern schon eine gewisse Distanz zu dem Ereignis vor über 100 Jahren vorhanden ist. «Die Nachkommen wissen von den damaligen, tragischen Geschehnissen, sind aber selber in einer Welt aufgewachsen, die mit dem See und dem neuen Dorf zu leben gelernt hat.» Und wieso heisst das Buch «Tschüss Sepp!»? «Das sagten zwei ältere Leute, die damals wie ich aus dem Bus ausstiegen. Da merkte ich, dass ich in Innerthal angekommen bin.»
Höfner Volksblatt und March-Anzeiger / Heidi Peruzzo
Autor
Höfner Volksblatt & March Anzeiger
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