Brauchtum / Feste
«Geisslechlöpfä» ist eine Wissenschaft
Walter Knobel ist 60-jährig. Seit er als Neunjähriger einen «Geisslechlöpfer» gesehen hat, ist er von diesem Volksbrauch fasziniert. Aus gesundheitlichen Gründen widmet er sich aber vorwiegend nur noch der Geissel-Herstellung.
Wer in Ausserschwyz ein Problem mit einer Geissel hat oder eine kaufen möchte, der ist beim gebürtigen Märchler Walter Knobel an der richtigen Adresse. Zwar ist der Schübelbachner mittlerweile ins Zürcher Oberland «ausgewandert», als Einscheller ist er seiner Heimat aber treu geblieben. Und vergessen hat man ihn in Ausserschwyz nicht, denn seine Geisseln sind bei der Einschellervereinigung der March, aber auch bei den Galgener und Reichenburger Einschellern in Gebrauch. «Im vergangenen Jahr habe ich die drei letzten fertiggestellten Geisseln verkauft», erzählt Knobel in der gemütlichen Stube seines Bauernhauses in Hittnau. Hin und wieder komme es vor, dass er auch Geisseln zur Reparatur bei sich habe. «Der Zwick geht am häufigsten kaputt», verrät der Fachmann.
Materialien machen es aus
Zu Spitzenzeiten habe er pro Jahr rund zehn bis zwölf Geisseln vollendet. Vollendet deshalb, weil er nicht die gesamte Geissel selber herstellt. Dies sei üblich, denn es gebe kaum mehr Geissel-Hersteller, die von Grund auf alles selber machen würden. «Das rund 120 cm lange Zirbelholz und die bis zu 250 cm lange Hanfschlinge kaufe ich bei der Seilerei Fehr im thurgauischen Erlen ein», so Knobel. Danach gebe er das Holz zum Einfassen mit Leder einem pensionierten Sattler. Was jetzt noch fehlt, sind die Lederschlaufe zur Befestigung der Schlinge, das Dachshaar zur Zierde und das wichtigste an der ganzen Geissel, das Vorseil samt Zwick. «Ohne das Vorseil gäbe es keinen Ton», erklärt Knobel. Es sei ein wichtiges Verbindungsstück zwischen der dickeren Schlinge und dem dünnen Zwick. Überhaupt gäbe es viele verschiedene Punkte, die man beachten müsse: Das Zirbelholz dürfe nicht zu lange sein, die Schlinge nicht zu schwer, nicht zu dick und mindestens doppelt so lang wie das Zirbelholz, und das Manndli (Lederschlaufe am Ende der Schlinge) müsse ebenfalls eine bestimmte Länge haben. Nach rund zwei Stunden Handarbeit und Feinschliff ist die Geissel fertig.
Rezept heisst: üben, üben, üben
Zum «Geisslechlöpfä» braucht es aber mehr als nur das «Werkzeug». Der Einscheller Knobel betont, dass es keinen besonderen Trick gibt. «Das Rezept heisst: üben, üben, üben», sagt er und beginnt von seinen Zeiten als aktiver Klepfer zu erzählen. «Zusammen mit meinem Kollegen übten wir teilweise zwei- bis dreimal pro Woche. » Vor rund drei Jahren habe er in der March gar einmal einen Kurs geleitet. «Das Chlöpfä», so sagt er, «ist eine echte Wissenschaft». Trotz einer fünfjährigen Pause bringt es Walti wie er von Bekannten genannt wird, auf rund 40 Jahre «geisslechlöpfä». Da er aber seit Längerem Probleme mit den Achseln hat, konzentriert er sich nun vorwiegend auf die Herstellung von Geisseln oder eben das Einschellen. «Zudem habe ich kürzlich begonnen, Schmuck für hornlose Kühe herzustellen.»
March-Anzeiger und Höfner Volksblatt
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- Brauchtum / Feste
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