Musik
«Die Verkleidung ist eine Wundertüte»
Shem Thomas’ Album «8» erschien am Freitag. Gleichzeitig startet der Ibächler Musiker seine Tour, die im Mai im «Gaswerk» enden wird.
Viele sind oder waren bereits auf der Suche nach dem Sinn ihres Lebens. Nicht jeder wechselt dafür aber sein gesamtes Leben aus. Shem Thomas hat es getan. Er war Lehrer, gut situiert, aber «voll in meinen Rollen gefangen», sagt er. Er brach aus und wurde zum Waldmenschen. Mehrere Monate hat er in einem Campingbüssli im Wald gelebt, ohne elektronische Geräte, ohne Gitarre und mit möglichst wenig sozialen Kontakten. «Ich musste den Lärm aus meinem Kopf bringen. Da war zu viel Kopf und zu wenig Herz und Bauchgefühl.» Dafür brauchte er einfach mal Zeit für sich. Neben dem Stillen von Grundbedürfnissen hat er einfach in den Tag gelebt, die Natur genossen, den Moment gelebt. Es war für Shem Thomas eine mehrmonatige Meditation, welche ihm ganz starke Impulse lieferte. Vor allem wusste er danach, dass sein Leben aus Musikmachen besteht. Aus dem Schreiben, dem Spielen, der Bühne, aus der Magie, welche Zuschauer und Musiker in einem bespielten Saal berührt.
«Ich habe mich bewusst für diese acht Songs entschieden»
Die Zeit im Wald – unter anderem im Bödmerenwald – hat den Musiker nachhaltig geprägt, weswegen sein neues Album nun auch von dieser Auszeit handelt. Sein Album ist sehr vielseitig. «Es sollte Gegensätze hervorbringen», sagt er. «Die Natur lebt von Gegensätzen. Warum sollte ein Album dies nicht können? » Von Elektronik über Pop bis hin zu Reggaeklängen: Shem Thomas’ Album bringt diverse Musikstile an den Tag. Die rote Linie dabei ist immer seine unverkennbare Stimme. Das Album ist ein gelungenes Experiment rund um ein tragendes Fundament. Oder, wie er es selber auf den Punkt bringt: «Die Stimme ist Shem, die Verkleidung eine Wundertüte.» «Ich hätte viel mehr Songs aufs Album packen können, doch ich habe mich bewusst für diese acht Songs entschieden. Das Album musste für mich rund tönen», sagt Thomas Shem. Jeder Song habe einen persönlichen Charakter, eine Geschichte. In «Same Boat», einem politischen Song, zum Beispiel gehe um die Sorge um unsere Erde. Spannend ist, wie er, Macht anprangernd mit Banjo als zentralem Element, den Reggaestil aufgreift. «Feather On The Wind» ist eine intime, gleichzeitig intensive Pianoballade, minimalistisch produziert. Shem Thomas erzählt von emotionalen Zuständen, denen er sich lieber stellt, statt sie «wegzudrücken» –«ein kurzer Tanz mit dem Teufel» funktioniere für ihn besser, meint er im Gespräch. Das sei «wie eine Feder im Sturm, die sich der Kraft der Naturgewalt hingibt – erst dann finde ich wieder Ruhe». Die Hybridnummer «Miracle» – eine Mischung aus Singer- Songwriter, Pop und Trap – handelt von seinen Erfahrungen als Einsiedler jenseits der Konventionen. Und «No more Disguise nowhere to run»: Ohne die gesellschaftliche Verkleidung, ohne fremde Rollen, entfällt auch der Drang, davonzulaufen. Übrig bleibt praktisch die unverbrauchte Perspektive eines Kindes, das über die Wunder des Lebens staunt. Das sensible «Old Ferry Road» speist sich aus einem Zupfpattern seiner Akustikgitarre, darunter eine dunkle, dezente Bassdrum und eine Pad-Landschaft. Auf dem «klassischsten» Folk-Song des Albums thematisiert er den eigenen Lebensweg, auf dem man sich verlieren kann – durch die Flut des Konsumierens und dem Streben nach Status.
Tournee endet im Gaswerk in Seewen
Shem Thomas startet heute seine Tournee im «Ono» in Bern. Die Derniere seiner Albumtour findet am 6. Mai im «Gaswerk» in Seewen statt. «Es freut mich sehr, die Tour in meiner Homebase beenden zu können», sagt er. Shem Thomas auf der aktuellen Tournee live zu sehen, lohnt sich nicht nur wegen der neuen und alten Songs und seiner Bühnenperformance. «Bei jedem Konzert bringe ich ein Überraschungslied, das nur live zu hören ist und nirgends zu kaufen oder digital zu finden ist.»
Bote der Urschweiz / Nicole Auf der Maur
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Bote der Urschweiz
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